„Leuchten ist wichtiger als Flackern“

Seit dem 1. Dezember hat die Stiftung Saarländischer Kulturbesitz einen neuen Leiter: Roland Mönig, der zuvor für das renommierte Kunsthaus Kleve verantwortlich war. In Saarbrücken hat er es mit einer skandalgebeutelten Stiftung zu tun und mit der Baustelle Vierter Pavillon. SZ-Redakteurin Sophia Schülke hat mit Roland Mönig über seine Pläne gesprochen.

 Roland Mönig im Saarlandmuseum, einem der sechs Häuser der Stiftung. Foto: Oliver Dietze

Roland Mönig im Saarlandmuseum, einem der sechs Häuser der Stiftung. Foto: Oliver Dietze

Foto: Oliver Dietze

Sie haben im Museum Kurhaus Kleve fast 17 Jahre lang mitgewirkt und es mehrfach über längere Zeit kommissarisch geleitet. Wie würden Sie das Museum heute charakterisieren?

Mönig: Im Kurhaus Kleve war ich von Anfang an dabei und konnte daran mitwirken, es sehr konsequent zu entwickeln. In Kleve spielen die Grenznähe und eine tief gestaffelte kulturelle Identität eine große Rolle - ähnlich wie hier. Wir haben ein sehr zeitgenössisches Programm gemacht, aber ohne jedem neuen Trend nachzuhetzen. Das Ergebnis waren eine hohe Akzeptanz vor Ort sowie ein bundesweites und internationales Echo. Das Haus wurde wiederholt ausgezeichnet, zweimal durch den Verband AICA: als "Museum des Jahres" in Deutschland 2004 und für die Ausstellung "Carl Andre" 2011.

Warum haben Sie sich bei der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz beworben?

Mönig: Das Saarlandmuseum kenne ich schon lange. Es ist ein Ausnahmemuseum durch die sehr kontinuierliche Arbeit, die hier geleistet wurde, durch die Lage in einer europäischen Großregion und insbesondere durch seine hochkarätige Sammlung, deren Grundlagen sehr zielgerichtet in sehr kurzer Zeit geschaffen wurden. Zudem ist es ein Mehrspartenhaus mit Beständen, die bis in die Antike reichen. Meine Vorgänger haben hier viele wunderbare Ausstellungen gemacht, die ich immer aufmerksam verfolgt habe.

Die Skandale der letzten Jahre haben Sie nicht abgehalten?

Mönig: Das Museum hat eine schwierige Phase hinter sich, aber jetzt ist es an der Zeit, sich darauf zu besinnen, was seine Stärken sind: Es ist eine Einrichtung von großer lokaler Bedeutung und mit nationaler und internationaler Strahlkraft - mit einem Museumsgebäude, das zu den architektonischen Meilensteinen der Nachkriegszeit zählt. Ich empfinde es als große Ehre, hier arbeiten und zur weiteren Entwicklung des Saarlandmuseums und der Stiftung insgesamt beitragen zu dürfen. Dabei fühle ich mich getragen vom Vertrauen des Kurators der Stiftung, Herrn Minister Commerçon, und des gesamten Kuratoriums. Und ich weiß ein Team an meiner Seite, das viel leisten kann und will. Auch die Unterstützung durch die Fördergesellschaft ist mir enorm wichtig.

Haben Sie Neuigkeiten zum Vierten Pavillon?

Mönig: Schon seit Mitte Oktober führe ich intensive Gespräche mit den Berliner Architekten Kuehn Malvezzi. Seit Anfang Dezember arbeiten wir mit dem ganzen Stab die Pläne aus. Das ist natürlich ein sehr komplexer, langwieriger Prozess. Deswegen bitte ich noch um etwas Geduld. Aber Sie können sicher sein, dass wir an die Öffentlichkeit treten, sobald konkrete Ergebnisse vorliegen, die auch die Zustimmung des Kuratoriums gefunden haben. Eines ist aber jetzt schon sicher: Die großzügigen Säle im Neubau, die ideale Bedingungen für die Präsentation der zeitgenössischen Kunst bieten, werden das Raumprogramm der Modernen Galerie Hanns Schöneckers perfekt ergänzen. Und sie werden die identitätsstiftende Funktion des Museums auch in Zukunft sichern.

Was halten Sie davon, dass Kuehn Malvezzi den Zuschlag erhalten haben?

Mönig: Das sind die perfekten Architekten für Bauen im Bestand, sie denken ganz von den Bedürfnissen der Kunst her. Dafür sprechen ihre bereits verwirklichten Projekte, darunter für die Ausstellungsarchitektur der Documenta 11 oder die Erweiterung des Hamburger Bahnhofs in Berlin. Ich bin sehr froh, dass sie ausgewählt wurden, und bin überzeugt davon, dass es uns gemeinsam gelingen wird, einen in allen Hinsichten stimmigen Ort zu schaffen.

Wann gibt es die erste Ausstellung, die Ihre Handschrift trägt?

Mönig: Das Team hat mit Weitsicht wichtige Ausstellungen vorbereitet: Ab Ende Januar zeigen wir in der Modernen Galerie eine Ausstellung zu den wegweisenden Aufbaujahren 1952-65 unter Direktor Rudolf Bornschein. Sie versammelt viele Meisterwerke, die lange nicht zu sehen waren. Im Sommer präsentiert die Alte Sammlung ein Thema aus der italienischen Renaissance, während die Moderne Galerie anlässlich des Gedenkjahres 2014 den Blick auf Künstler im Ersten Weltkrieg lenkt. Im Herbst werde ich einen eigenen Akzent setzen. Aber gestatten Sie mir, dass ich da die Spannung noch einen Moment lang aufrecht erhalte.

Vorab hatten Sie erklärt, Sie wollen in Saarbrücken etwas tun, was nachhaltig ist. Können Sie das genauer erklären?

Mönig: Wenn man ein Museum leitet oder - wie hier - gar vergrößert, dann ist Langsamkeit die beste Tugend, nicht Geschwindigkeit oder Marktkonformität. Museen sind langsame Orte, Orte der Nachdenklichkeit. Sie sollen so viele Menschen erreichen und faszinieren wie möglich, aber es geht nicht um Besucherzahlen, um Events oder Blockbuster, sondern um die richtige Ausstellung am richtigen Ort, die dazu beiträgt, Menschen immer wieder und immer stärker zu binden. Das kontinuierliche Leuchten ist wichtiger als nervöses Flackern. Dabei gilt es auch, die unterschiedlichen Facetten und Sparten einer so vielschichtigen Einrichtung wie der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz besser zu vernetzen. So wird etwa die Weltkriegsausstellung in der Modernen Galerie flankiert von einer entsprechenden Präsentation im Deutschen Zeitungsmuseum Wadgassen, die das Thema von der Seite der Medien her aufarbeitet. Da würde ich gerne weitermachen.

Welche Künstler mögen Sie besonders?

Mönig: Noch immer zählt Franz Marc zu meinen Lieblingskünstlern, über ihn habe ich promoviert. Ebenso dazu gehören Giotto, Vermeer und Poussin, Paul Cézanne und Max Beckmann. In der Gegenwart sind es Franz Gertsch, Richard Long, Giuseppe Penone und Carl Andre - Künstler, mit denen ich gearbeitet habe. Auch Hitchcock fasziniert mich. Möglicherweise hat er das Auge des 20. Jahrhunderts nachhaltiger geprägt als viele andere.

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Zur PersonRoland Mönig, 1965 in Bochum geboren, studierte dort Kunstgeschichte und Germanistik. Seine Laufbahn begann 1996 im Museum am Ostwall in Dortmund, 1997 wechselte er zunächst an das Von-der-Heydt-Museum in Wuppertal, dann ans Museum Kurhaus Kleve. ce

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