Neue Harmonie Warum die CSU Merkel plötzlich wieder lieb hat

Das ist schon großes bajuwarisches Kino, das die CSU und die Kanzlerin in Nürnberg geboten haben. Mit etwas Spott könnte man auch sagen: Großes Tennis, wie sich Horst Seehofer und Angela Merkel verbal die Bälle fast liebe-, aber vor allem humorvoll zuspielten.

Warum die CSU Merkel plötzlich wieder lieb hat
Foto: SZ/Robby Lorenz

Nach all den Scharmützeln und all den Demütigungen, die Merkel in den Monaten nach der Flüchtlingskrise seitens der CSU über sich ergehen lassen musste, war der Umgang mit ihr auf dem Parteitag der Christsozialen geradezu euphorisch. Doch war dieses politische Wunder auch ein ehrliches? Das muss man bezweifeln. In Wahrheit sind die CSU’ler weiß Gott nicht mehr die großen Merkel-Freunde wie noch vor einigen Jahren. Darüber täuscht auch der Jubel auf dem Parteitag nicht hinweg. Die Wunden sind tief, die der Konflikt über die Zuwanderung aufgerissen hat. Sie lassen sich durch viel Applaus und wohlwollende Worte vielleicht übertünchen, aber nicht mehr wirklich heilen. Nicht mehr mit dem jetzigen Spitzenpersonal.

Was Merkel und die bayerische Schwesterpartei derzeit so zusammenschweißt, ist zunächst eine zentrale Erkenntnis: Der bitterböse Streit um die Obergrenze und die fehlende Geschlossenheit der letzten Monate waren die Hauptursache für das schlechte Abschneiden der Union im Allgemeinen bei der Bundestagswahl – und der CSU im Besonderen in Bayern.  Und Schuld daran trägt eben insbesondere Horst Seehofer, der den Konflikt mit der Kanzlerin um die Flüchtlingspolitik immer wieder neu angefacht hat, um sich dann doch wenige Wochen vor der Wahl wieder an sie zu schmiegen. Sein Amt als Ministerpräsident ist er deshalb bald los. Merkel wird aller Voraussicht nach Kanzlerin bleiben. So gesehen ist sie als Gewinnerin der fast über zwei Jahre geführten Schlacht beider nach Nürnberg gereist.

Darüber hinaus lassen die anstehenden Sondierungen mit der SPD in Berlin die Union wieder enger zusammenrücken. So, wie das zuvor schon bei den Jamaika-Gesprächen der Fall gewesen ist. Von einem neuen Unionsgeist war damals sogar die Rede. Und etwas Grundsätzliches kommt noch hinzu. Keine andere Partei ist in der Lage, wie bestellt die Reihen wieder zu schließen und als ein monolithischer Block in eine politische Auseinandersetzung zu gehen. Das war stets die Stärke der C-Parteien. Immer dann, wenn es um die Macht ging. Und um die geht es im Moment im Bund und im Herbst 2018 in München.

Bleibt die Frage, wie lange der neue Geist der Harmonie CDU und CSU tatsächlich umwehen wird. Schließlich hat der neue starke Mann der Bayern, der künftige Ministerpräsident Markus Söder, den Auftrag, die absolute Mehrheit im Freistaat zu verteidigen. Söder weiß genau, gegen wen er sich dafür auch profilieren muss, um bei der Landtagswahl wichtige Pluspunkte zu sammeln – vor allem gegen Berlin, und damit gegen Merkel. 

Die ungemütlichen Zeiten für die Kanzlerin werden daher wiederkommen. Luft hat sie nur für den Moment. Jubel hin, Jubel her.

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