Maas in Washington Maas erzielt in den USA nur Einigkeit über den Streit

WASHINGTON Heiko Maas stand gestern in Washington am Weißem Haus vor einer Traube von Mikrofonen und beschwor die Hoffnung auf Schadensbegrenzung. „Wir brauchen einander“, sagt er über Europäer und Amerikaner. „Selbst wenn wir unterschiedlicher Auffassung sind, darf das nicht zu Schaden am transatlantischen Verhältnis führen.“ In der Regierungszentrale an der Pennsylvania Avenue hatte der Bundesaußenminister zuvor mit John Bolton gesprochen, dem Sicherheitsberater des Präsidenten, dem kompromisslosesten Hardliner im Kabinett Donald Trumps. Für den Nachmittag stand ein Treffen mit dem neuen Außenminister Mike Pompeo auf dem Programm, und dass es bei beiden Begegnungen vor allem um das Atomabkommen mit Iran ging, lag auf der Hand. Die Iran-Frage unterzieht die transatlantischen Beziehungen einer Belastungsprobe, wie es sie seit dem französisch-deutschen Nein von Jacques Chirac und Gerhard Schröder zu George W. Bushs Irakkrieg nicht mehr gegeben hat. Maas wiederum ist der erste Gast aus Europa, der Pompeo besucht, nachdem Trumps Chefdiplomat im Streit um das Iran-Abkommen einen Forderungskatalog von kompromissloser Härte präsentiert hatte.

Demnach soll Teheran nicht nur auf jegliche Urananreicherung – auch zu friedlichen Zwecken – verzichten und die Entwicklung ballistischer Raketen stoppen, sondern auch seine Regionalpolitik radikal ändern. Bevor man an einen neuen Deal denken könne, hatte der US-Außenminister aufgelistet, müsse Iran die Unterstützung für die libanesische Hisbollah, die palästinensische Hamas und die Huthi-Rebellen im Jemen einstellen, sämtliche unter seinem Kommando stehenden Truppen aus Syrien abziehen und auf die Entwaffnung schiitischer Milizen im Irak hinwirken. Man werde die Iraner finanziell unter Druck setzen, wie es noch nie der Fall gewesen sei, betonte Pompeo am Mittwoch bei einer Anhörung im Außenpolitischen Ausschuss des Repräsentantenhauses. Man werde nicht nur US-Firmen Geschäfte verbieten, sondern auch europäische Unternehmen bestrafen, falls sie in Iran nicht die Segel streichen.

 Auf kurze Sicht, glaubt William Galston, Politikwissenschaftler der „Brookings Institution“, werde es der Regierung Trump wohl gelingen, die Europäer zu einem wirtschaftlichen Rückzug aus dem mittelöstlichen Land zu bewegen. Einfach deshalb, weil der amerikanische Markt in ihrer Rechnung eine ungleich größere Rolle spiele als der iranische. Langfristig berge ein solcher Kurs allerdings das Risiko einer dauerhaften Beschädigung der transatlantischen Allianz.

 Amerika, sagt wiederum Maas vorm Weißen Haus, sei ein wichtiger Partner, mit dem man im Dialog bleiben wolle. Nur solle dies ein Dialog sein, bei dem Differenzen offen ausgetragen würden. Hoffnungen auf einen europäisch-amerikanischen Kompromiss in der Causa Iran scheint sich der SPD-Politiker jedenfalls nicht mehr zu machen. Man respektiere die Position der Amerikaner, erwarte aber auch, dass Washington die Haltung der Europäer respektiere. Er habe Bolton klargemacht, sagt Maas, dass Europa an der Atomvereinbarung festhalten werde. Man wolle keine Verbreitung von Nuklearwaffen in der erweiterten Nachbarschaft, „und daran hat sich nichts geändert“. Wie die USA auch, so der Minister, strebe Deutschland eine Änderung des iranischen Verhaltens an, sei es beim Raketenbau oder der Politik in Syrien. Nur müsse dies auf der Basis des Atomabkommens geschehen. Das alles klingt nach einem diplomatischen „Let’s agree to disagree“. Will sagen: Einigkeit besteht nur darüber, dass man nicht zusammenkommt.

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