Leitartikel Die Polizei im Saarland geht auf dem Zahnfleisch

Der Sicherheitsapparat im Saarland steht auch nach der jetzt aus der akuten Personalnot heraus umgesetzten Kurskorrektur bei der langfristig angelegten Polizeireform kurz vor dem Kollaps. Die Aufgaben und Herausforderungen an die Polizei steigen kontinuierlich.

Saarland: Kommentar zur Polizeireform
Foto: SZ/Lorenz, Robby

Terrorgefahr, Internetkriminalität, wachsende Gewaltbereitschaft gehören zum Alltag. Während Kriminelle kräftig aufrüsten, gibt bei Fahndern und Ermittlern Hauptkommissar Rotstift das Kommando an.

Der muss die Vorgaben der Politik umsetzen und der Schuldenbremse bis zum Jahr 2020 insgesamt 270 Stellen opfern. Etwa 100 davon müssen noch abgebaut werden. Dieser personelle Aderlass wäre eigentlich bereits vorzeitig erledigt, würde die Realität zur Kenntnis genommen. Denn: Durchschnittlich 100 Stellen sind vakant, weil junge Polizistinnen und Polizisten sich für flexible Elternzeit entschieden haben. Die Tendenz hier ist steigend. Ebenso die Überstunden der Polizei-Belegschaft: aktuell etwa 255♦000.

Innenminister Klaus Bouillon (CDU) hat mit dem Segen der großen Koalition versucht, mit Sicherheitspaketen gegenzusteuern. Ordnungsdienst und Ermittlungshelfer wurden engagiert, in Technik, Ausrüstung und Immobilien wird investiert. Die Zahl der Nachwuchskräfte wurde erhöht. Sie kommen aber erst in dreieinhalb Jahren nach der Ausbildung in den Dienststellen an.

Die Strategen und Planer mussten also, um die Lage einigermaßen zu stabilisieren ,die Polizeilandschaft in Stadt und Land neu aufstellen. Der Sicherheitsapparat wird weiter gestrafft. Die Verkehrspolizei hat künftig nur noch zwei Standorte in Bexbach und Merzig. Gezielte Tempo- und Alkoholkontrollen werden wohl seltener. Ab sofort sind die sieben bisherigen B-Inspektionen Geschichte. Sie werden zu Polizeirevieren, verlieren Personal und bleiben nachts geschlossen. Zwölf Inspektionen in Saarbrücken-Burbach und St. Johann, St. Ingbert, Homburg, Sulzbach, Völklingen, Saarlouis, Merzig, Lebach, Neunkirchen, St. Wendel und Wadern (Nordsaarland) bleiben rund um die Uhr besetzt. Hier wird eine Mindestkommandostärke pro Dienstschicht vorgeschrieben. Diese dann tatsächlich auf die Straßen zu bringen, wird für die Organisatoren eine Herausforderung der ganz besonderen Art.

Sprechstunden – wie etwa beim Zahnarzt – gibt es künftig in 34 von 38 Polizeiposten in den Kommunen. Der nächste Stichtag für die Reform der Reform steht am 5. November ins Haus. Dann werden die spezialisierten Tatortdienste in Saarbrücken, Saarlouis und Neunkirchen tagsüber zentralisiert.

Nicht nur die Landespolizei geht  personell auf dem Zahnfleisch. Auch die Bundespolizei im Saarland ist in akuter Not. Das Revier in Perl ist eher selten rund um die Uhr besetzt. Unter dem Strich fehlen hierzulande 100 Bundespolizisten. Mehr als 20♦000 Überstunden stehen zu Buche. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sind die Grenzen in Bayern, wo die Bundespolizei aufrüstet, offensichtlich viel wichtiger als die im Saarland.

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