Leitartikel Bei der Migration widerlegen Zahlen die Horrorszenarien

Horst Seehofer hat Recht. Es tut sich was. Die neuesten Asylzahlen und auch die des Migrationsberichtes zeigen, dass die Behörden, allen voran das Bamf, bei der Steuerung und Ordnung der Flüchtlingsbewegung mittlerweile viel besser aufgestellt sind.

Leitartikel zur Asystatistik: Bei der Migration widerlegen Zahlen die  Horrorszenarien 
Foto: SZ/Robby Lorenz

Auch mit Blick auf die Dauer von Verfahren. Somit greifen viele der Maßnahmen endlich, die die Politik nach der Flüchtlingskrise 2015 auf den Weg gebracht hat. Erzwungenermaßen übrigens, weil man seinerzeit völlig unvorbereitet auf den Ansturm gewesen ist.

Die Achillesferse in der Zuwanderungsfrage bleiben die Rückführungen von jenen, die keinen Asylanspruch haben oder die kriminell geworden sind. Erste Gespräche innerhalb der Koalition über Möglichkeiten der Beschleunigung sind geführt worden, Innenminister Seehofer will alsbald Ergebnisse vorlegen. Das ist auch dringend notwendig: Denn die Akzeptanz von Menschen, die das Asylrecht für sich aus guten Gründen in Anspruch nehmen, steht und fällt damit, dass jene das Land verlassen, die diesen Anspruch nicht oder ihn verwirkt haben. Das hat sich in den Debatten der letzten Monate klar gezeigt. Noch so stark sinkende Bewerberzahlen ändern daran nichts.

Darüber hinaus wird das von manchem an die Wand gemalte Horrorszenario einer vermeintlich muslimischen „Massen“-Einwanderung durch die aktuellen Daten nicht belegt – die meisten Zuwanderer kommen aus europäischen Staaten. Wobei an erster Stelle Rumänien und Polen zu nennen sind. Unerwähnt bleiben darf allerdings nicht, dass laut polizeilicher Kriminalstatistik Zuwanderer aus diesen beiden Ländern besonders häufig als Tatverdächtige geführt werden. Siehe den Bereich der Einbruchskriminalität. Das heißt: Die rein europäische Einwanderung hat ebenfalls ihre Schattenseiten. Das darf man nicht ignorieren. Gleichwohl kommen immer mehr Menschen, um hier zu studieren oder zu arbeiten. Deutschland ist ökonomisch nach wie vor der Motor Europas, hierzulande werden händeringend Fachkräfte gesucht. Anderen europäischen Ländern geht es weitaus schlechter. Das wirtschaftlich extreme Gefälle auf dem Kontinent wirkt sich also auf die Wanderungsbewegungen aus.

Nun ist Horst Seehofer nicht frei von Selbstlob. Geduld und Beharrlichkeit zahle sich in der Politik aus, meinte der Minister gestern. Das ist aber nur ein Teil der Wahrheit. Der andere ist: Seehofers Vorgänger Thomas de Maizière und der damalige Justizminister Heiko Maas haben nach 2015 die wichtigsten Maßnahmen auf den Weg gebracht. Zudem haben das EU-Abkommen mit der Türkei und die Schließung der Balkanroute maßgeblich zur positiven Entwicklung beigetragen. Seehofer saß seinerzeit als CSU-Störenfried in München und hat die große Koalition mit seinen angezettelten Streitereien über Obergrenzen nur behindert. Die damalige Debatte erscheint aus heutiger Sicht noch absurder. Der im letzten Jahr von ihm entfachte Unionskrach über Zurückweisungen an der Grenze genauso. Eigene, nachhaltige Erfolge muss Seehofer jedenfalls noch liefern. Die Chance dafür ist da. Weil er im Moment kein Querulant mehr ist.

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