Stichtag Freitag Europas Datenschutz nützt vor allem den Anwälten

Morgen ist Datenschutztag. Denn ab diesem Freitag gilt die Datenschutzgrundverordnung in voller Härte. Ein Regelwerk, das den Schutz personenbezogener Daten nicht nur europaweit harmonisiert, sondern auch deutlich verschärft.

Grundsätzlich ist das gut. Denn die Skandale der vergangenen Monate haben gezeigt, in welch absurde Richtung sich unsere vom Internet bestimmte Welt mittlerweile bewegt. Da werden hunderte Millionen Daten ohne das Wissen der Nutzer ausgewertet und gefiltert, um Wahlen zu beeinflussen. Daten dienen dazu, Kunden gläsern zu machen. Im positiven Sinne, wenn dadurch zielgerichtete Services möglich sind, und im negativen Sinn, um die Kunden mit möglichst viel Werbung zum Kauf zu animieren.

All das soll durch die Datenschutzgrundverordnung, die mit Stichtag 25. Mai verbindlich wird, besser werden. Unternehmen müssen nun genauestens darüber aufklären, wozu sie die Daten ihrer Kunden, ihrer Mitarbeiter und ihrer Geschäftspartner verwenden. Wie lange sie sie speichern, welche Widerrufsmöglichkeiten es gibt. Und wo genau die Daten verarbeitet werden. Die Vorschrift zielt vor allem auf die großen Internet-Konzerne wie Facebook, Google, Apple oder Amazon, für die Daten nur noch eine Handelsware sind. Gerade der jüngste Facebook-Skandal, bei dem der Konzern Millionen Daten ohne Wissen der Nutzer weitergegeben hat, zeigt, dass das Gewinnstreben bei den Konzernen über dem Datenschutz steht.

Doch gerade die, die eigentlich im Fokus der neuen Verordnung stehen sollten, haken diese im wahrsten Sinne des Wortes ziemlich locker ab. Der Kunde muss mit einem Klick die neuen Datenschutz-Grundsätze bestätigen, ansonsten kann er die Services nicht mehr nutzen. Sprich: Ohne Häkchen kein Facebook-Chat, kein Google-Konto und schon gar kein iPhone mehr.

Die restlichen Unternehmen aber, die Mittelständler, Klein-Unternehmer, jeder Website-Betreiber und jeder Verein – sie stehen hilflos vor dem neuen Regelwerk und müssen nun fürchten, mit Abmahnungen und Bußgeldern belegt zu werden. Denn die Verordnung ist nicht nur kompliziert formuliert, viele Punkte bleiben auch offen. Da soll eine Datenschutzerklärung auf der Internet-Seite in einfachen Worten darüber aufklären, welche Daten vom Seitenbetreiber bearbeitet werden. Einfache Worte, aber natürlich rechtssicher. Umfassend, aber bitte nicht zu lang. Ebenso verhält es sich mit den Datenschutz-Richtlinien, dem Verarbeitungsverzeichnis, der Folgeabschätzung, dem Datenschutzbeauftragten. Das Was ist geklärt, beim Wie bleiben die Betroffenen weitgehend alleine. Die Gefahr, Fehler zu machen, ist groß. Fehler aber können teuer werden, denn auch die Bußgelder steigen kräftig.

Nur zwei Branchen wird die Datenschutzgrundverordnung wirklich helfen: Anwälten und Beratern. Sie sind groß im Geschäft, wenn Unternehmer völlig überfordert Beistand suchen. In dieser Beziehung ist die EU bei ihrem Versuch, die Daten besser zu schützen, deutlich übers Ziel hinausgeschossen.

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