Leitartikel Der CSU hilft jetzt nur noch ein Polit-Wunder

Franz Josef Strauß würde sich im Grabe umdrehen, wenn er davon wüsste: In den aktuellen Umfragen dümpelt die bayerische Staatspartei CSU nur noch zwischen 33 und 35 Prozent. So wenig Wählergunst war nie.

Der CSU hilft jetzt nur noch ein Polit-Wunder
Foto: SZ/Robby Lorenz

Und das rund eine Woche vor der bayerischen Landtagswahl. Nicht einmal ein Wunder könnte die CSU jetzt wohl noch retten. Die Eruptionen des sich immer stärker abzeichnenden Debakels werden auch im Berliner Regierungsviertel zu spüren sein.

Sicher gab es schon spektakuläre Wendungen in letzter Minute. Erinnert sei nur an die Landtagswahl in Rheinland-Pfalz vor zwei Jahren, als die dortige SPD ihren Negativ-Trend buchstäblich auf den letzten Metern ins Positive drehte und am Ende sogar mit achtbarem Abstand vor der Union ins Ziel kam. Doch bei den erfolgsverwöhnten Christsozialen gehen die Uhren anders. Für sie ist schon die rechnerische Notwendigkeit eines Koalitionspartners eine Katastrophe. Von mehreren ganz zu schweigen. Ministerpräsident Markus Söder jedenfalls hat die Schlacht bereits verloren gegeben. Anders sind seine vorsorglichen Schuldzuweisungen in Richtung Bundeshauptstadt nicht zu deuten. Von einem „Denkzettel für Berlin“ hat Söder angesichts des Umfragetiefs bereits gesprochen. Und da ist ja was dran, auch wenn es zunächst einmal um seinen eigenen Kopf gehen wird – und den von CSU-Chef Horst Seehofer.

Die große Schwester CDU ist nämlich kaum besser dran. Denn schon zwei Wochen später sind die Hessen aufgerufen, ins Wahllokal zu gehen. Für die Christdemokraten lässt der Urnengang dort ebenfalls herbe Verluste erwarten. Aus diesen Zutaten könnte ein explosives Gemisch entstehen. Wenn bei der CSU womöglich kein Stein mehr auf dem anderen bleibt, dann wird das nicht spurlos an der CDU vorübergehen. Spätestens dann dürfte sich der Fokus auch wieder auf Angela Merkel richten.

Die Kritik an der Kanzlerin ist längst nicht mehr nur Gegenstand in Hinterzimmer-Debatten. Gerade hat Norbert Röttgen, ein profilierter CDU-Mann, offen an Merkels Veränderungswillen gezweifelt. Auch daraus kann sich eine Dynamik entfalten. Bislang wollen lediglich zwei unbekannte Parteigänger die Kanzlerin im CDU-Vorsitz beerben. Keine ernstzunehmende Konkurrenz. Doch das muss nicht so bleiben, wenn es auf dem Wahlparteitag im Dezember zum Schwur kommt. Kandidieren könnten kurzfristig auch noch andere. Und selbst bei der Wiederwahl Merkels wäre die Union von Ruhe und Stabilität weit entfernt. Denn ebenso wie Röttgen sehnen sich viele andere nach einem Signal der Erneuerung, nach einer Abkehr vom „Weiter so“.

Die beiden Landtagswahlen in Bayern und Hessen werden vor diesem Hintergrund zur bundespolitischen Nagelprobe. Merkel hat schon klargemacht, dass Parteivorsitz und Kanzlerschaft in einer Hand bleiben sollen. In ihrer natürlich. Das heißt im Umkehrschluss: Ohne CDU-Chefposten steht auch ihr Regierungsvorsitz in Frage. Es könnte ein heißer politischer Herbst werden.

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