Machtkampf in der CSU Söders Vorteil: Bayern wollen keinen netten Regierungschef

Streit mag weder der Deutsche allgemein noch speziell der Bayer. Der Bayer schätzt zwar durchaus eine kurze, klärende Rauferei, aber dann muss wieder klar sein, wer der Chef auf dem Hof ist und wie es weiter geht. Diese Erwartungen erfüllt die CSU im Augenblick nicht. Je länger die Taktiererei um die Spitzenämter in Staat und Partei andauert, desto mehr bröckeln die ohnehin schon historisch niedrigen Umfragewerte für die scheinbar ewige bayerische Regierungspartei.

Machtkampf in der CSU: Söders Vorteil: Bayern wollen   keinen netten Regierungschef
Foto: SZ/Robby Lorenz

Bei früheren Erhebungen zeigte sich, dass die bayerischen Wähler vor allem Markus Söder zutrauen, als Regierungschef den Freistaat in der Nachfolge von Horst Seehofer zu führen. Das mag für Nichtbayern schwer zu verstehen sein, gilt doch der 50-jährige Nürnberger nicht gerade als Sympathieträger. Sein Chef persönlich bescheinigte ihm nicht unerhebliche charakterliche Defizite.

 Doch von „Ehrgeiz zerfressen“ zu sein, kann ja vielleicht nichts schaden, denkt sich der bayerische Wähler. Um zu beweisen, wie toll er ist, würde Söder als Ministerpräsident ordentlich wirbeln. Man muss ja den Hausmeister nicht lieben oder gar heiraten, Hauptsache, er macht seinen Job gut und langt auch mal bei verstopften Toiletten hin. Hier liegt wohl auch der Grund dafür, warum die zweifellos als sympathischer wahrgenommene  Wirtschaftsministerin Ilse Aigner bei diesen Umfragen immer den Kürzeren zog: zu lieb, zu harmlos.

 Politische Inhalte spielen bei den Auseinandersetzungen, die sich gegenwärtig in der CSU abspielen, nicht nur keine, sondern gar keine Rolle. Auch wenn gelegentlich Söder in die rechte und sein Chef Seehofer in das Lager der Herz-Jesu-Sozialisten geschoben wird – die Richtung ist letztlich dieselbe. Streit gibt es allenfalls um die Strategie.

 Das gilt auch für Innenminister Joachim Herrmann, der sich nun ebenfalls um den Chefsessel in der Staatskanzlei bewirbt. Wenn es freilich um Abwehr unüberlegter politischer Schnellschüsse geht, wäre man mit dem bedächtigen 61-jährigen Herrmann besser beraten.

 Wer auch immer als Ministerpräsidentenkandidat der CSU in die Landtagswahl geht, er muss sich darauf einrichten, Chef einer Koalitionsregierung zu werden. Zweifellos haben Umfragen nach den zahlreichen Fehleinschätzungen der letzten Jahre an Glaubwürdigkeit eingebüßt, gleichwohl wäre es ein Wunder, wenn die CSU in Bayern in den verbleibenden knapp zehn Monaten wieder auf 45 plus X Prozent gebracht werden könnte.

 Wenn zu den vier bereits im Landtag vertretenen Parteien (CSU, SPD, Freie Wähler, Grüne) noch zwei weitere (FDP, AfD) hinzu kommen, ist es dahin mit der absoluten parlamentarischen CSU-Mehrheit. Und wenn es ganz schräg kommt, droht „Jamaika“ in Bayern. Kein Wunder, dass bei der CSU die Panik um sich greift.

Aber die aktuelle Übertaktiererei führt zu weiterem Vertrauensverlust. Eine ehrliche Kampfabstimmung kann da besser sein kann als eine von Unredlichkeiten getragene Hängepartie.

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