Leinwände gegen Holzschnitte: Tauschwährung der Impressionisten

Bonn · Nach 200-jähriger Abschottung öffnete sich Japan Mitte des 19. Jahrhunderts wieder dem Westen. So kam der Impressionismus nach Japan. Die Bundeskunsthalle zeichnet die Bezüge in einer famosen Ausstellung anhand von 200 hochkarätigen Werken nach.

Wie die ersten japanischen Holzschnitte nach Europa kamen, glaubt man heute zu wissen. Es heißt, der Künstler Felix Bracquemond habe sich 1856 eine Lieferung japanischer Keramiken bestellt, die zum Schutz vor dem Transport in Blätter von Katsushika Hokusai eingewickelt waren. Als Verpackungsmaterial also erreichten die Drucke Frankreich. So geht die Legende. Bald entbrannte in Europa eine regelrechte Mode. Der "Japonismus" war in aller Munde und Maler wie Monet oder Van Gogh sammelten eifrig Farbholzschnitte und ließen sich von ihnen inspirieren.

Weniger bekannt hingegen ist, wie der Impressionismus nach Japan kam, handelte es sich doch keineswegs um eine einseitige Beziehung. Die Bonner Bundeskunsthalle widmet sich mit der famosen Ausstellung "Japans Liebe zum Impressionismus - Von Monet bis Renoir" jetzt diesem überaus reizvollen Zusammentreffen von Ost und West und zeigt erstmals zusammenhängend gut 100 Werke aus japanischen Privatsammlungen. Viele sind in Europa nahezu unbekannt, obwohl nur große Namen vertreten sind. Beginnend mit der Schule von Barbizon bis hin zum Postimpressionismus zeichnet die Schau mit Millet, Corot, Courbet, Eduard Manet, Monet, Renoir, Cézanne, Gauguin, Paul Signac die Entstehung der Moderne nach.

Nach 200-jähriger Abschottung öffnete sich Japan Mitte des 19. Jahrhunderts unter der Tokugawa-Regierung wieder dem Westen. Neue Handelsverträge wurden geschlossen, Kaufleute durften ins Land. Zur Weltausstellung 1878 reiste eine erste Generation von japanischen Künstlern nach Paris. Sie sahen die Impressionisten und waren begeistert. In den bei verschiedenen Witterungen und Lichtverhältnissen gemalten Serien fanden sie ein Gefühl für Vergänglichkeit, das auch in der japanischen Kunst eine große Rolle spielt.

Hinzu kam, dass Monet, Pissarro oder Sisley sich von japanischen Farbholzschnitten hatten inspirieren lassen. Die flächenhafte Gegenüberstellung von Vorder- und Hintergrund, die Beschneidung der Motive und Vereinfachung der Formen (bei den Postimpressionisten Gauguin und Denis später auch die betonten Konturen), entsprachen exakt dem Ideal der Japaner.

Tadamasa Hayashi oder Siegfried Bing, der sich in Paris eine Pagode als Galerie bauen ließ, handelten mit ostasiatischer Kunst. Nicht selten kam Claude Monet vorbei und tauschte Leinwände gegen Holzschnitte , die in Impressionistenkreisen zur Tausch währung wurden. 231 Blätter besaß Monet. In Japan begannen Maler wie Eisaku Wada oder Takeji Fujishima im "westlichen Stil" zu arbeiten. Durch ihre Vermittlung fingen Industrielle an, Kunst der "Langnasen" zu sammeln. Ihre Ankäufe bildeten den Grundstock vieler exzellenter japanischer Sammlungen.

Bis 21. Februar. Di, Mi: 10-21 Uhr, Do-So: 10-19 Uhr

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