Lebensfroh und wissbegierig in die neue Freiheit

Bangkok. Wer den Mann mit der Glatze, der tiefen Stimme und den strahlenden Augen zum ersten Mal sieht, kann kaum glauben, dass er jahrelange Haft und Folter hinter sich hat. Zarganar wirkt kraftvoll, unbeugsam und lebensfroh. Birmas berühmtester Komiker und einer der schärfsten Kritiker der Militärjunta, bekam endlich einen Pass

Bangkok. Wer den Mann mit der Glatze, der tiefen Stimme und den strahlenden Augen zum ersten Mal sieht, kann kaum glauben, dass er jahrelange Haft und Folter hinter sich hat. Zarganar wirkt kraftvoll, unbeugsam und lebensfroh. Birmas berühmtester Komiker und einer der schärfsten Kritiker der Militärjunta, bekam endlich einen Pass. Eine Stippvisite nach Bangkok war kürzlich seine erste Auslandsreise.Er traf Diplomaten und Repräsentanten der Weltbank. Aber an die Welt da "draußen" muss sich der 50-Jährige erst noch gewöhnen: "Als ich den Flughafen in Bangkok sah, die großen Gebäude und Straßen, bekam ich einen Schock." Er erinnert sich an zwei junge Thais auf der Straße. "In ihren Gesichtern spiegelte sich das Gefühl von Selbstsicherheit, von Freiheit." In Birma seien die Gesichter junger Menschen voller Angst.

Zarganar, der mit bürgerlichem Namen Maung Thura heißt, kam am 12. Oktober 2011 auf freien Fuß. Im Zuge einer Amnestie wurde er aus dem Myitkyina-Gefängnis im äußersten Norden Birmas entlassen. Der Straferlass war Teil der vorsichtigen Reformen, die die seit Ende März 2011 amtierende, überwiegend aus Ex-Militärs bestehende Regierung unter Präsident Thein Sein einleitete. Im November 2008 war Zarganar wegen "Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung" zu insgesamt 59 Jahren Haft verurteilt worden. Später wurde die Strafe auf 35 Jahre reduziert. Der Regimekritiker hatte mit Freiwilligen ein Hilfsnetzwerk für die Opfer des Zyklons "Nargis" aufgebaut und weigerte sich, private Spenden den Militärs zur Verteilung zu übergeben. Auch widersetzte er sich dem Verbot, mit ausländischen Journalisten zu sprechen. Zarganar heißt übersetzt "Pinzette". Der Satiriker, Autor und Filmemacher, der im Februar 2011 in Abwesenheit den Bremer Solidaritätspreis erhielt, war vier Mal wegen seines Engagements inhaftiert und saß insgesamt mehr als acht Jahre hinter Gittern. Unter anderem hatte er 1988 während der Studentenproteste gegen die Militärjunta einen politischen Wandel in Birma gefordert. Die Schrecken der Haft möchte er am liebsten aus dem Gedächtnis streichen. Trotzdem spricht er darüber. Die Zeiten nach den Festnahmen 1988 und 1990 waren die schlimmsten: "Für fünf Jahre war ich in Einzelhaft, ohne Freunde, ohne Zellengenossen, ohne frische Luft, denn meine Zelle hatte kein Fenster." Ab 2007 hätten sich seine Bedingungen verbessert: Er habe Radio hören und Zeitungen lesen können. Ab 2008 habe er sogar Bücher lesen, Hofgang haben, Gemüse anbauen und mit anderen Gefangenen sprechen können.

Zarganar möchte, dass der Westen seine Wirtschaftssanktionen gegen Birma aufhebt, um den Weg für mehr ausländische Hilfe zu ebnen. Der Künstler will sich für die politische Bildung junger Leute einsetzen, damit sie verstehen, was Demokratie und Menschenrechte wirklich bedeuten. Aber selbst in die Politik zu gehen, kann er sich nicht vorstellen. So plant er lieber Filmfestivals zum Thema "Freiheit" und einen Kurzfilm zum Thema "Hallo Demokratie".

Über ihn selbst gibt es bereits einen Film: Der deutsche Komödiant Michael Mittermeier hat an "This Prison where I live" (2010) mitgewirkt. Die Dokumentation verbindet frühere Filmaufnahmen Zarganars aus Birma und Interviews mit ihm.

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