Kunst lieben, einfach weil sie so schön ist

Saarlouis · Jahr für Jahr organisiert Claus Zöllner aus Wallerfangen je eine viel beachtete Ausstellung zeitgenössischer Künstler aus Paris in Saarlouis. Wie man sich einen solchen Organisator anspruchsvoller Kunst auch vorstellt – Zöllner, ein Elektriker, passt in kein Bild. Am Sonntag eröffnet er die nächste Ausstellung.

 Claus Zöllner hängt die Ölbilder von Hervé Loilier. Foto: Seeber

Claus Zöllner hängt die Ölbilder von Hervé Loilier. Foto: Seeber

Foto: Seeber

Wenn Claus Zöllner, 66, Elektriker aus Wallerfangen, über Kunst spricht, dann fühlt sich das jedes Mal an wie ein kleiner Stromstoß. Die Namen einzelner Künstler, Adnet, Toppi, Jivko, Carzou, Hambourg, Battut oder Loilier, wenn er sie ausspricht: wie elektrisiert.

Strom will fließen, Zöllner elektrisiert auch andere: Seit 1976 organisiert er Ausstellungen zeitgenössischer Pariser Künstler in Saarlouis. Nie fehlen zur Eröffnung im Museum Haus Ludwig saarländische Regierungsmitglieder, Repräsentanten des französischen Staates, Hunderte von Besuchern. Für sein "Engagement für die Förderung der französischen zeitgenössischen Kunst in Deutschland" erhielt er zwei Mal eine französische "Chevalier"-Auszeichnung und das Bundesverdienstkreuz.

Zöllner ist kein Kunstkritiker, kein Kunstexperte, auch kein Vertreter des klassischen Bildungsbürgertums oder der Typ Galerist mit siebtem Geschäftssinn. Zöllner: "Ich bin ein Kunstliebhaber." Statt hintergründiger Analysen hört man: "Ach, ist das nicht schön."

Zöllner nimmt die Bilder so, wie sie sind. Vielleicht wird gerade das den von ihm bewunderten Künstlern gerecht. Es sind Maler und Bildhauer, meist aus Paris, meist aus dem Umfeld der angesehenen "Ecole Nationale Supérieure des Beaux Arts" in Paris, oft dort ausgebildet. Sie arbeiten figürlich, dekorativ, handwerklich gekonnt, opulent, aber nicht verschlüsselt. Zöllner: "Ich muss ein Bild verstehen, erst dann kann ich es bewundern." Drum sage ihm abstrakte Kunst nicht zu.

Zöllner besucht regelmäßig die Ateliers in Paris. Er sucht dort die Bilder für Saarlouis selbst aus. Er fährt sie selbst von Paris nach Saarlouis und zurück. Das alles kostet Geld, "ich setze zu", sagt Zöllner, der als Elektromeister ein Kleinunternehmen betreibt.

Zöllner baut permanent das Netz auf, durch das der Strom seiner Kunstbegeisterung fließen kann. Mit Hervé Loilier etwa, dessen Bilder er ab Sonntag im Haus Ludwig in Saarlouis zeigt, wurde er vor langer Zeit bei einer Geburtstagsparty der Malerin Françoise Adnet in Paris bekannt gemacht. Adnet wiederum war ihm vom französischen Kunstkritiker Christian Germak vorgestellt worden. Als Zöllner 2004 Adnet in Saarlouis ausstellte, hielt der frühere französische Außenminister Jean François-Poncet die Laudatio. Zöllner hatte einen Bekannten einfach gefragt, ob er nicht einen hochrangigen Franzosen kenne, der eine seiner Ausstellungen eröffnen könnte. Zu Poncet gesellte sich im Haus Ludwig der damalige Ministerpräsident Peter Müller. "Mit der Zeit", sagt Zöllner, "wird man einfach weitergereicht". Sein Französisch? Altes Schulfranzösisch.

Zöllner lebt gut mit dem gelegentlichen Stirnrunzeln der etablierten Kunstwelt für den Kunstliebhaber, sagt er. "Diese Kunst ist mein Leben", erklärt er im Haus Ludwig und schaut auf die Ölbilder von Loilier in der neuen Ausstellung. "Ich betrachte diese Bilder, ich mache jeden Tag eine Reise. Wie ist die Welt doch schön! Auf diesen Bildern ist alles positiv."

Mancher Künstler hat Zöllner in einer Kladde einen Gruß hinterlassen. Keine Gästebuch-Skizzen, sondern aufwendige kleine Kunstwerke. Ganz offenbar fühlen sich diese Künstler von ihm verstanden. "Vive Claus", schrieb Françoise Adnet, und nichts deutet auf Ironie, "Le Saint Nicolas".

Zöllners Publikum in Saarlouis besteht nach dessen Schätzung zu gut einem Viertel aus Franzosen und Luxemburgern. Inzwischen, sagt er, vermittelt er "seine" Pariser Künstler via Saarlouis nach Frankreich zurück. Die Veranstalter des Internationalen Herbstsalons in Lunéville in Lothringen fragen ihn nach prominenten Ehrengästen, erzählt er. Im Vernissage-Publikum am Sonntag (11 Uhr) werde wieder Patrice Labbé sein, der Präsident dieses Salons. Zöllner sagt's, und in seinen Augen blitzt das Vergnügen auf.

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