Kunst im Hochhaus

Frankfurt · In einem Bürohochhaus im Bankenviertel hat das Frankfurter Museum für Moderne Kunst einen dritten Standort eröffnet. Die erste Schau, „Boom She Boom“, zeigt exklusiv Kunst von Frauen.

 Außenansicht des MMK 2 im Taunusturm. Foto: A. Schneider/MMK

Außenansicht des MMK 2 im Taunusturm. Foto: A. Schneider/MMK

Foto: A. Schneider/MMK

Huch, sind das niedrige Decken. Wer durch das weitgespannte lichtdurchflutete Foyer des hoch aufragenden Gebäudekomplexes in Frankfurts Bankenviertel in die neuen Museumsräume gelangt anstatt über die schmale Treppe eines separaten Zugangs, der zieht unversehens den Kopf ein. Das Frankfurter Museum für Moderne Kunst hat sich in ein Büro- und Wohnhochhaus gewagt. Im zweiten Stock der neuen Innenstadtimmobilie TaunusTurm, die sich aus zwei Turmbauten zusammensetzt und nicht von vornherein für Museumsbetrieb vorgesehen war, durfte das MMK seine lange ersehnte Dependance einrichten.

Wer Hans Holleins Museum in der Nähe des Domes kennt, 1991 eröffnet und wegen seiner Dreiecksform Tortenstück genannt, vergleicht unwillkürlich die Proportionen an den beiden Standorten. Dabei steht außer Frage, dass das museumserfahrene Berliner Architektenbüro Kuehn Malvezzi - in Saarbrücken zuständig für die Fertigstellung des Erweiterungsbaus der Modernen Galerie - sein Möglichstes tat, um eine angemessene Atmosphäre zu schaffen in der Außenstelle. Die Raumhöhe beträgt gerade mal vier Meter, 1700 Quadratmeter Ausstellungsfläche stehen zur Verfügung im MMK 2 am Taunustor 1. Der ältere Ableger im alten Zollamt wurde zum MMK 3. Bis diese Zahlenspiele in die Köpfe gehen, braucht es Zeit. 15 Jahre sollten reichen.

Für diesen Zeitraum stellt der New Yorker Immobilienentwickler Jerry Speyer , dessen Firma Tishman Speyer Properties schon den Frankfurter Messeturm errichtet hat, die Lokalität miet- und nebenkostenfrei zur Verfügung. "Ein Gegenwert von 12 Millionen Euro", strahlt Susanne Gaensheimer. Die Kunst wertet das Wohn- und Büroareal auf. "Aber auch wir profitieren enorm", sagt die MMK-Chefin.

Die Eröffnungsschau gilt exklusiv Kunst von Frauen. Marketingfüchse fanden dafür den Titel "Boom She Boom" in Anlehnung an einen 60 Jahre alten Song, der den Rock 'n' Roll mit vorbereiten half. Doch was flott klingt, erweist sich als ernst und getragen.

Ein Schwarm Covergirls, nackt bis auf die bunten Pumps und ihre Perücken begrüßt die Eintretenden: Vanessa Beecroft hatte mit der Super 8 Kamera die Performance gefilmt, die sie im Jahr 2010 im MMK 1 mit gecasteten Frauen inszenierte. Im MMK 2 läuft jetzt der Film der Künstlerin, die das gängige Frauenbild und den Optimierungswahn buchstäblich aufs Korn nimmt.

Andrea Büttner schuf Wandarbeiten, die aussehen wie monochrome Tafelbilder. Doch nicht Leinwand wurde bemalt, sondern handelsübliche farbige Arbeitskleidung zu Kunstwerken verarbeitet. "Meine Lieblingskünstlerin", sagt die Museumsdirektorin und prophezeit, dass Büttner "die Rosemarie Trockel oder Isa Genzken von morgen" sein wird. Genzkens lebensgroße, am Boden liegende Figuren in Helmen, die an Astronauten denken lassen, waren schon auf der Biennale in Venedig zu sehen.

Neu im MMK-Besitz befinden sich bemalte Kunststofffolien von Franziska Kneidl, die, von Hula-Hoop-Reifen gehalten, Geistererscheinungen ebenso beschwören könnten wie Tanzfeste. Die Afghanistan-Dokumentation der ermordeten Fotografin Anja Niedringhaus bedeckt eine Wand im Raum von Katharina Fritsch, deren monumentale Tischgesellschaft mit Klon-Männern - das ikonische MMK-Werk schlechthin - weniger beeindruckt als im Haupthaus, das für die lange Tafel der perfekte Ort ist.

Das MMK 2 widmet sich künftig Werken aus dem Museumsbestand, das MMK 1 Sonderausstellungen. Die Kunst wird es sein, Besucher in beide Häuser zu locken. Sicher ist: Das auf drei Quartiere gekommene MMK ist jetzt eine Marke. Man sieht es an jeder Ecke.

mmk-frankfurt.de

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