Kunst als Abenteuerspielplatz

Luxemburg · Großformatige Gouachen, hintersinnige Video-Installationen, Minimalistisches, Klangkunst und sogar eine Flugmaschine – im Luxemburger Mudam gibt es zurzeit viel zu sehen (und zu hören). Wir stellen die verschiedenen Ausstellungen vor.

 Rui Moreiras „The Holy Family II“, im Original 1,41 Meter auf 2,38 Meter groß. Foto: Moreira / Caldas

Rui Moreiras „The Holy Family II“, im Original 1,41 Meter auf 2,38 Meter groß. Foto: Moreira / Caldas

Foto: Moreira / Caldas
 Ein Bild aus Sylvie BlochersVideo-Installation „Change the Scenario (Conversation with Bruce Nauman)“. Foto: Blocher

Ein Bild aus Sylvie BlochersVideo-Installation „Change the Scenario (Conversation with Bruce Nauman)“. Foto: Blocher

Foto: Blocher

Als das Musée d'Art Moderne Grand-Duc Jean (Mudam) 2006 seine Pforten öffnete, versprach man einen lebendigen Ort für zeitgenössische Kunst. Ein großes Versprechen - denn zeitgenössische Kunst gilt gemeinhin als spröde, schwer zugänglich und intellektuell überfrachtet; die Ausstellungshäuser können zudem nur selten mit großen Namen punkten. Aber das Mudam begeistert seine Besucher immer wieder mit einer großen Portion kuratorischen Geschicks.

Derzeit zeigt das Museum im Erdgeschoss großformatige Arbeiten des hierzulande wenig bekannten Künstlers Rui Moreira. Seine in kräftigen Farben gehaltenen Gouaches sind inhaltlich wie formal komplex, aber wunderschön anzuschauen und voller kultureller Anspielungen, die es zu enträtseln gilt. Mit oft kleinen abstrakten und geometrischen Strukturen schafft der Portugiese riesige Werke auf Papier. Beeinflusst sind seine Bilder von seinen Reisen nach Afrika, Indien oder in den Norden Portugals. Viele Landschaftsbilder erinnern an japanische Holzschnitte.

Im anderen Flügel des Erdgeschosses läuft derzeit die Ausstellung "Art & Me". "Kunst & ich" ist so etwas wie ein Abenteuerspielplatz für Kinder und Erwachsene und lädt zum Entdecken ein. Die Ausstellungsräume erinnern an eine Mischung aus Wohn- und Kinderzimmer. Da ist Kunst fröhlich gemischt mit Design, man kann sich selbst als Künstler ausprobieren und in Büchern schmökern, die in einem durch den Raum gewundenen Regalsystem verteilt sind. Leider wirkt das alles ein bisschen wie ein überfüllter Kramladen, in dem die Kunst untergeht. So findet man einige Arbeiten kaum oder übersieht sie leicht, wie etwa die acht Kladden des Saarbrücker Liquid Penguin Ensemble. Während eines Sommerprojekts im Museum haben 628 Besucher ihre Lieblingswörter in einen "Wortcontainer" geworfen und erklärt, weshalb diese Wörter für sie so wertvoll sind. Die Künstler haben daraus eine Klangenzyklopädie zum Anhören gebastelt. Ein Ohrenschmaus zum Schmunzeln.

Wie immer präsentiert das Museum einen Teil seiner Sammlung im Obergeschoss. Unter dem Titel "Solides Fragiles" bieten die Kuratoren Minimalistisches und zeigen auf, wie Künstler mit minimalen Mitteln zur Neuentdeckung des Raumes einladen oder mit ihren Werken die Umgebung verändern oder definieren, wie etwa Fred Sandback, der Fäden durch den Raum spannt.

Im Zentrum des Hauses steht die Videokünstlerin Sylvie Blocher. In der Grand Hall fordert die Französin das Publikum zur Mitwirkung auf. Die Besucher können sich nach Voranmeldung mit einer Flugmaschine in zwölf Meter Höhe ziehen lassen, um die "Welt neu zu entdecken". Viele staunen, manche weinen, andere genießen einfach das Gefühl des Fliegens. Das zeichnet die Künstlerin auf und wird daraus bis Februar 2015 einen Film machen. Schon jetzt sind einzelne Sequenzen auf vier Bildschirmen im Keller zu sehen.

Auch die beiden Galerien im Untergeschoss darf die vielseitige Künstlerin mit Videoarbeiten bespielen. In "Alamo" zeigt sie anschaulich, dass die amerikanische Geschichte von Weißen geschrieben wurde. Der offiziellen Geschichtsschreibung der Schlacht um Alamo im texanischen Unabhängigkeitskrieg setzt sie Fassungen eines hispanischen, eines afroamerikanischen und eines indianischen Erzählers entgegen und entlarvt so die einseitige Darstellung, die eine Beteiligung anderer ethnischer Gruppen verschweigt. Nicht ohne Hintergedanken ist auch die Videoarbeit "Change the Scenario", in der sich der afroamerikanische Albino Shaun Ross ein Mal mit weißer und ein weiteres Mal mit schwarzer Farbe einschmiert. Es ist ein Spiel mit Stereotypen, das Blocher perfekt beherrscht, ohne dabei allzu offensichtlich zu werden.

Rui Moreira bis 8. Februar, Art & Me bis 15. Februar, Sylvie Blocher bis 27. Mai. Mudam, 3, Park Dräi Eechelen. Informationen und Öffnungszeiten:

www.mudam.lu

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