Kulturwerbetag

Saarbrücken. "Man darf ja nicht mehr rauchen, aber Krawatten tragen", flappste Martina Krawulsky. Während die Zuschauer auf dem Theaterplatz vermutlich noch über den logischen Zusammenhang grübelten, setzte die Staatstheater-Inspizientin noch eins drauf

 Bei der öffentlichen Probe der Donlon Dance Company durften die Zuschauer im Ballettsaal des Staatstheaters den "Silly Walk" gleich mittanzen. Fotos: Oliver Dietze

Bei der öffentlichen Probe der Donlon Dance Company durften die Zuschauer im Ballettsaal des Staatstheaters den "Silly Walk" gleich mittanzen. Fotos: Oliver Dietze

Saarbrücken. "Man darf ja nicht mehr rauchen, aber Krawatten tragen", flappste Martina Krawulsky. Während die Zuschauer auf dem Theaterplatz vermutlich noch über den logischen Zusammenhang grübelten, setzte die Staatstheater-Inspizientin noch eins drauf. 29 Krawatten, teils aus Seide, hätten für diesen Rock aus dem Carmen-Ballett, der jede Weiberfastnacht aufpeppt, ihr Leben lassen müssen. Ein Argument, das zog. Für 35 Euro brachte Krawulsky das Teil an die Frau. Mit guter Laune gegen dunkle Regenwolken, das war gestern beim Kulturmeilenfest die beste Strategie. Auf den Grünflächen zwischen Staatstheater, Hochschule für Musik und Saarlandmuseum ließen sich die Besucher ab 11 Uhr erst nur tröpfchenweise blicken, während vom Sonntagsblues-Konzert am Schloss laute Applausstürme herüberzogen. 50 Besucher goutierten den gepflegten Modernjazz, den Musikstudenten zur offiziellen Eröffnung auf der Saarwiesenbühne spielten. Da blieb für die beiden unechten Polizisten, die hier für Recht und Anstand sorgen wollten, nicht viel zu tun. Auch die Ausspracheprobleme von WM-Kommentatoren im Wissenschaftszelt und das SR-"Kulturspiegel"-Interview mit Kulturchef Karl Rauber fanden vor fast leeren Stuhlreihen statt. Dabei war die Verlegung der Außenaktivitäten von der Straßen- zur Saarseite eine gute Entscheidung. "Ist diese Skulptur neu?" fragten Besucher die Museumsführerin bei so manchem Werk, das hier früher, weil abseits der Besucherwege, im Verborgenen geschlummert hatte. Zu den kulturellen Entdeckungen aber zog es die meisten diesmal vornehmlich in die Häuser am Platze. Nur noch Besucherköpfe sieht man vor sich beim Versuch, die Donlon-Tänzer bei Kostproben aus "Silent-Movie" im Ballettsaal zu beobachten. Auch ein Stockwerk höher im SST-Haus ist es voll. Hier spielt die "Direktmusik" mit den JoJoachims, Schauspieler und Barfrauen der sparte4 überraschen mit üppigen Stimmen und skurrilen Pop-Song-Interpretationen. Nebenan lässt Dramaturg Holger Schröder im Pascha-Kostüm unterm Zeltdach mit orientalischer Gelassenheit Zuschauer die neuen Stücke der Saison erraten, wofür Gratiskarten winken. Wer an diesem kalten Sonntag wärmenden Kaffee sucht, landet irgendwann in der Kantine - der Geheimtipp des Tages. Hier stärkt sich auch die Cellistin, die bis zum Promenadenkonzert am Abend noch in der Einzelzelle üben wird. Und später froh ist, dass sie nicht draußen, sondern im Großen Haus konzertieren wird. Unzufrieden mit der Resonanz dieses Kulturwerbetages waren weder SR2-KulturRadio noch Saarlandmuseum, HfM und das Theater. 11 000 Besucher zählte man laut SST-Pressefrau Ellen Brüwer bis 18 Uhr, 6000 weniger als vor zwei Jahren. Denn im Vorjahr gab es ja nur ein Theaterfest.

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Neben der Hauptbühne steht das Inspizientenpult, ausgestattet mit vielen Knöpfen, Mikrofon, kleinem Monitor und kunterbunten Gummibärchen. Daran sitzt Martina Krawulsky, einzige Inspizientin am SST neben ihren vier Kollegen. 1987 angefangen als leitende M
Neben der Hauptbühne steht das Inspizientenpult, ausgestattet mit vielen Knöpfen, Mikrofon, kleinem Monitor und kunterbunten Gummibärchen. Daran sitzt Martina Krawulsky, einzige Inspizientin am SST neben ihren vier Kollegen. 1987 angefangen als leitende M
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