Margarete Palz in der städtischen Galerie Neunkirchen Noch Kostüm – oder schon Skulptur?

Neunkirchen · Die städtische Galerie Neunkirchen zeigt eine fulminante Ausstellung zum Werk von Margarete Palz. Die Schau „Ensemble der Fantasie“ zeigt 40 Arbeiten, die zugleich Kostüme wie raumgreifende Objekte sind.

 Als Margarete Palz die Kostümbildnerei und deren Möglichkeiten entdeckte, war das für sie „ein Vulkanausbruch“, wie sie sagt.

Als Margarete Palz die Kostümbildnerei und deren Möglichkeiten entdeckte, war das für sie „ein Vulkanausbruch“, wie sie sagt.

Foto: Gerhard Heisler

Man muss schon sehr genau hinschauen, um die künstlerischen Wurzeln von Margarete Palz zu erkennen. Die Zweibrückerin erschafft aus Papier und Gaze-Stoffen skulpturale Objekte, die sich wie Kostüme tragen lassen. Betrachtet man die Werke genauer, erkennt man, dass das Papier aus Fotos besteht, welche die Künstlerin in geometrische Grundformen und Streifen zerschnitten hat und dann mit Nähten auf den Stoff appliziert. Dabei wird der farbige Stoff nicht zum reinen Trägermaterial, sondern er ist auch wesentliches Gestaltungselement, das immer wieder in Rüschen und Posamenten opulente Formen wachsen lässt. Die Aufführungen in tänzerischen Performances erinnern sofort an Oskar Schlemmers „Triadisches Ballett“ der Bauhausbühne.

Palz‘ Arbeiten als Kostüme zu charakterisieren, greift allerdings viel zu kurz. Es sind raumgreifende Objekte, die als „Körperhülle“ zur tragbaren Kunst werden. Erst seit den 1990er Jahren arbeitet Palz mit Papier und Stoff als Grundmaterial. Die 1937 in Mährisch-Ostrau geborene Künstlerin musste als Deutsche die Tschechoslowakei nach dem Zweiten Weltkrieg verlassen und kam 1949 nach Zweibrücken. Sie studierte an der Werkkunstschule im Saarland Kunsterziehung, später auch Kunstgeschichte, und arbeitete dann als Gymnasiallehrerin. Während der Ausbildung beeindruckte sie vor allem Oskar Hohlwecks Grundlehre und sie wurde eines der wenigen weiblichen Mitglieder der „neuen gruppe saar“. In dieser Zeit arbeitete sie vor allem mit Grafik, aber auch mit gestisch-abstrakter Malerei. Doch mit der Geburt der drei Söhne wurde die Zeit für die Kunst knapper. Erst Ende der 1980er Jahre fand sie wieder mehr Zeit und kam mit Theater und Kostümbildnerei in Berührung. „Als ich die Möglichkeiten erkannte, war das wie ein Vulkanausbruch“, schwärmt die 81-Jährige von den neuen Mitteln, die sich ihr offenbarten.

Ausgangsmaterial wurden Fotografien ihres Bruders Gerhard Heisler. Auch wenn der Nährboden für Palz‘ Formenvokabular im Bauhaus und der konkret-konstruktiven Kunst liegt, hat sie sich stark weiterentwickelt. Geblieben ist das Spiel mit geometrischen Formen und einfachem Material. Palz nutzt die Grundformen genauso wie die Farben der glänzenden Fotografien zur Erstellung der Objekte, die manchmal etwas fast Märchenhaftes aus­strahlen, dann wieder eher an architektonische Baukörper erinnern. Die Bild­inhalte der Fotos werden zwar dekonstruiert, bleiben aber erkennbar und gewinnen eine hohe Assoziationskraft. Die voluminösen Kleider entstehen in einem intuitiven Schaffensakt ohne Vorstudien. „Zwar habe ich schon vorher eine Vorstellung von dem, was entstehen soll“, sagt die Künstlerin, „aber die endgültige Form entwickelt sich erst mit dem Nähen in einem spielerisch-experimentellen Prozess.“

Die Neunkircher Galerieleiterin Nicole Nix-Hauck hat gemeinsam mit der Künstlerin ein szenisches Konzept erarbeitet, das ohne Narrativ auskommt. Die Kleider stecken nicht etwa auf Puppen, sondern auf mit Stoff umhüllten Drahtständern, die auf dem Boden stehen oder von der Decke hängen. So wird eine allzu leichte Assoziation mit Kleidung vermieden und es entsteht der Eindruck schwebender Leichtigkeit, den die Kleider auch am menschlichen Körper vermitteln. 40 Kostüme sind in Neunkirchen zu sehen, mehr als einhundert hat Palz in den vergangenen Jahrzehnten geschaffen. Besonders spannend wird es, wenn Tänzer in den Kostümen stecken: bei einer Performance am 6. April um 18 Uhr: Für Palz sind sie die „Interpreten“ der Hüllen. Die Objekte werden lebendig und zur „Tanzskulptur“, die sich um den Betrachter bewegt und dabei mit Licht und Bewegung spielt.

  Margarete Palz in der Städtischen Galerie Neunkirchen – am 24. März und 14. April gibt es Führungen mit ihr.  Foto: Jörg Jacobi

Margarete Palz in der Städtischen Galerie Neunkirchen – am 24. März und 14. April gibt es Führungen mit ihr. Foto: Jörg Jacobi

Foto: Jörg Jacobi
 Halb Samurai, halb Sonnensegel – ein weiteres Kostüm in Neunkirchen.

Halb Samurai, halb Sonnensegel – ein weiteres Kostüm in Neunkirchen.

Foto: Gerhard Heisler

Bis 28. April. Ensemble der Fantasie. Tanzskulpturen von Margarete Palz. Städtische Galerie Neunkirchen. Öffnungszeiten: Mittwoch, Donnerstag und Freitag
10 bis 18 Uhr; Samstag 10 bis 17 Uhr; Sonntag und Feiertage 14 bis 18 Uhr.
Öffentliche Führungen mit Margarete Palz: 24. März und 14. April, ab 15 Uhr. www.staedtische-galerie-neunkirchen.de

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