Konzert in Luxemburg Wie ein Konzert als Protest gegen Putin dient

Esch/Alzette · Mit einem 41-sekündigen Punk-Gebet wurden sie 2012 in Moskau berühmt: Nun gastierte ein Teil von Pussy Riot in Esch.

 Zum Teil agierten die vier Pussy Riot-Mitglieder bei ihrem Konzert in Esch maskiert – so wie 2012 bei ihrer berühmten Protestaktion gegen den Patriarchen der russisch-orthodoxen Kirche, Kyrill I., und gegen Präsident Wladimir Putin in einer Moskauer Kirche. Zwei der jungen Frauen kamen daraufhin fast zwei Jahre lang in ein Straflager.

Zum Teil agierten die vier Pussy Riot-Mitglieder bei ihrem Konzert in Esch maskiert – so wie 2012 bei ihrer berühmten Protestaktion gegen den Patriarchen der russisch-orthodoxen Kirche, Kyrill I., und gegen Präsident Wladimir Putin in einer Moskauer Kirche. Zwei der jungen Frauen kamen daraufhin fast zwei Jahre lang in ein Straflager.

Foto: Sebastian Dingler

„Pussy Riot versteht sich als komplett weibliches, autonomes Kollektiv, das für seine Shows kein Geld verlangt“ – so heißt es auf Wikipedia. Die 30 Euro Eintrittsgeld an der Kasse der Kulturfabrik im luxemburgischen Esch sprachen da allerdings eine andere Sprache. Auch standen da zwei Männer bei der Show von Pussy Riot auf der Bühne – ein Grund mehr, dem beliebten Online-Lexikon prinzipiell zu misstrauen. Und wie sollte das auch gehen, Gratis-Performances fernab der Heimat? Nur von Luft und Liebe können sich die russischen Oppositionellen schließlich nicht ernähren.

Natürlich, damals, bei ihrem berühmtesten Auftritt verlangten Pussy Riot tatsächlich kein Geld: 2012 erlangte die Gruppe viel Aufmerksamkeit, als sie vor dem Altar der Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau 41 Sekunden lang ein „Punk-Gebet“ aufführte. Damit protestierten drei Mitglieder von Pussy Riot gegen den Patriarchen der russisch-orthodoxen Kirche, Kyrill I., und gegen Wladimir Putin. Fast zwei Jahre Haft unter schlimmen Bedingungen in einem Straflager waren für zwei der jungen Frauen die Folge. Sting, Madonna, Paul McCartney und viele andere Künstler protestierten gegen das Urteil, der damalige US-Präsident Obama zeigte sich enttäuscht.

Während die eine, Nadeschda Tolokonnikowa, derzeit in den USA unter dem Namen Pussy Riot auf Tournee ist, stand die andere, Maria Aljochina, in Esch vor etwa 200 Zuschauern auf der Bühne; ihr Buch „Riot Days“ diente als Grundlage der beeindruckenden Performance, an der auch Schauspieler Kiryl Masheka, Saxofonistin und Sprecherin Nastya Voynovskaya und Musiker Max Ionov von der Band Awott teilnahmen. Düstere Elektro-Beats, ein quälendes Saxofon und ein paar Trommeln bildeten die musikalische Grundlage der überwiegend ins Mikrofon geschrieenen Texte auf Russisch. Eine Videoleinwand lieferte die passenden Bilder dazu – vom Auftritt in der Kirche, vom Prozess und von der Freilassung. Und immer wieder: die Hauptfeinde von Pussy Riot, Putin und der ihm anscheinend ergebene Patriarch. Andere Details wie die Festnahme oder der Hungerstreik der inhaftierten Aljochina mussten mittels eingeblendeter Übersetzung (im polyglotten Luxemburg auf Englisch) verfolgt werden. Das gestaltete sich auch aufgrund der schnellen Satzfolge etwas anstrengend. Aber wollte man sich angesichts dessen, was die jungen Russinnen durchmachen mussten, darüber aufregen? Nein, das Publikum sollte ja wachgerüttelt und nicht mit gepflegter Unterhaltung bedient werden.

 Das gelang. Selten wurden einem die düsteren Seiten von Putins Russland so eindringlich vor Augen geführt. Um das alles noch zu unterstreichen, öffnete Masheka plötzlich eine Wasserflasche nach der anderen und schüttete ihren Inhalt in hohem Bogen ins Publikum. Viele wichen dem Schwall aus, manche aber blieben standhaft stehen, als wollten sie damit ausdrücken, dass auch wir im privilegierten Westen mitfühlen und etwas aushalten können.

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