Saarländisches Künstlerhaus Wenn Weiden und Wachs zu Skulpturen werden

Saarbrücken · Das saarländische Künstlerhaus in Saarbrücken zeigt Arbeiten im Spannungsfeld von Kunst und Kunsthandwerk.

 Birgitta Hüttermann arbeitet mit Wachs und faltet Stoff.

Birgitta Hüttermann arbeitet mit Wachs und faltet Stoff.

Foto: Birgitta Hüttermann

„Angewandte Kunst“ ist ein Euphemismus des 20. Jahrhunderts, der versucht, die Grenzen zwischen Kunsthandwerk, Design und Kunst zu verwischen. Die Streitfrage, ob auch Gebrauchsgegenstände Kunst sein können, ließ sich aber auch damit nicht lösen. Dass auch Kunsthandwerk Kunst schaffen kann, beweisen Diana Stegmanns Arbeiten im Saarländischen Künstlerhaus (Karlstr.1). Stegmann ist gelernte Korbflechterin. Ihre Weidenkörbe kann man zwar als Gebrauchsgegenstände nutzen, doch wirklich brauchbar sind sie nicht. Die ein- und mehrfarbigen Körbe sind biomorphe Objekte mit skulpturalem Charakter und erinnern an die Nester von Webervögeln. Mal sind sie gestreckt und mal bauchig. Manche scheinen von Wellen erfasst und in der Bewegung erstarrt zu sein. Die Enden der Weidenruten sind nicht eingeflochten oder abgeschnitten und ragen wie gleichmäßige Stacheln in den Raum. Bei den Körben aus geschälten Weiden sind die Schnittenden schwarz abgesetzt und betonen so den Rhythmus und die Dynamik des Flechtmusters noch zusätzlich.

In der außergewöhnlich gut kuratierten Ausstellung sind den Flechtarbeiten von Stegmann Werke von Birgitta Hüttermann zur Seite gestellt. Die Homburgerin arbeitet mit Wachs und Stoff. Auch wenn man bei diesen Materialien zuerst an Batik-Shirts denkt, käme beim Anblick ihrer Arbeiten wohl niemand auf die Idee, von angewandter Kunst zu sprechen. Hüttermanns aktuelles Œuvre lässt sich grob in zwei Serien unterteilen, die sie aber nicht scharf gegeneinander abgrenzt, sondern kombiniert. Zum einen sind da die aus Gewebe aufgefalteten Reliefs, die mit Wachs überzogen sind. Dieses verleiht der Oberfläche einen matten Glanz, der an Gummi erinnert. Die fächerartige Auffaltung bringt einen Rhythmus in die Oberfläche, schafft Strukturen und spielt mit Licht und Schatten. Ergänzt wird diese manchmal durch dünne Fäden, an denen Wachs heruntergelaufen und zu kleinen Perlen erstarrt ist. In „Unsichere Symmetrie“ sind außerdem Objekte wie Federn, Insekten und Blätter konserviert. Gelegentlich kratzt sie in das Material, so dass feine Schuppungen entstehen.

Eine zweite Technik besteht aus dem Brechen der dünnen Wachsschichten auf dem textilen Gewebe. An den Bruchkanten hat sich das Wachs abgelöst und es entstehen farbige Linien, die an den Kreuzungspunkten zu kumulieren scheinen. Gerät Luft unter das Wachs, verliert es seine Transluzenz und wird weiß. Viele Oberflächen dieser Wachstafeln erinnern an die Maserung von Steinen. Mit sehr einfachen Materialien und reduzierter Farbgebung schafft die Künstlerin ein ganz ungewöhnliches Seherlebnis.

In der diesjährigen Jahresausstellung des Saarländischen Künstlerbundes zeigt Maja Andrack Sokolova im Studio und im Studio Blau aktuelle Arbeiten. Vielen ist die Künstlerin vor allem durch ihre Videoinstallationen bekannt. Die einstige Meisterschülerin von Ulrike Rosenbach ist aber auch Malerin. Mit geometrischen Abstraktionen in Aquarelltechnik schafft die Künstlerin den Eindruck von Raum und Tiefe und überzeugt mit einem vielfältigen Farbspiel. Ab 26. Juli werden ihre Arbeiten ausgetauscht gegen Werke von Brigitte Benkert, die figurative Zeichnungen zeigen wird.

Birgitta Hüttermann &Diana Stegmann: Stoff – Wachs – Weide. Material im Dialog, bis 20.8. Maja Andrack Sokolova – Malerei, bis 23. Juli.

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