Festival „Primeurs“ Deutsch-französische Hinterfragungen

Saarbrücken · Was das frankophone Festival „Primeurs“ nächste Woche in Forbach und Saarbrücken bringt.

  Einer der Autoren: Jöel Jouanneau, der in Saarbrücken das musikalische Märchen „Korb“ vorstellt.

Einer der Autoren: Jöel Jouanneau, der in Saarbrücken das musikalische Märchen „Korb“ vorstellt.

Foto: Mario del Curto/Saarländisches Staatstheater/Mario del Curto

Die Ersten sein – das Festival für frankophone Gegenwartsdramatik „Primeurs“ trägt den Anspruch im Titel. Was in Frankreich, Kanada oder sonst wo in der französischsprachigen Theaterwelt aktuell auf den Bühnen geschieht, erfährt man ins Deutsche übersetzt ziemlich exklusiv in Saarbrücken und Forbach, und das schon zum zwölften Mal kommende Woche (21. bis 24. November) bei szenischen Lesungen, Live-Hörspiel und sogenannten Werkstattinszenierungen.

Es sind keine fertigen Inszenierungen, sondern erste, „frische“ Annäherungen an die Texte. Schauspieler und Regisseure kommen kurzfristig zusammen, um bei knapper Probenzeit eine szenische Darstellung zu erarbeiten, die das ganze Potential der Stücke zeigt. Ausdrücklich wendet sich „Primeurs“ auch an Theaterprofis, die hier noch ungehobene Schätze für den Spielplan finden könnten. Am Festival-Samstag sind es gleich drei an einem Abend. Mit „Suzy Storck“ (24.11.) hat die französische Autorin Magali Mougel ein Stück über zugewiesene Rollen geschrieben: Suzy Storck wird Mutter, sie wollte das so, oder war das doch eher ein Wunsch ihrer Mutter und ihres Ehemannes? Wie selbstbestimmt kann sie ihr Leben gestalten? Miriam Lustig, die das Stück in der Feuerwache inszeniert, sagte am Dienstag bei der Pressekonferenz „Ich bin dreißig, ich bin Frau“ und lobte die „stilistische Vielfalt und bilderreichen Motive“. „Pig Boy“ (24.11.) von Gwendoline Soublin, ebenfalls aus Frankreich, eine dreiteilige Geschichte von Menschen und Schweinen, fragt „was ist ein Tier?“ Darf es misshandelt werden oder wie ein Mensch behandelt, gar zum „digitalen Superstar“ (so Regisseur Matthias Mühlschlegel) gemacht werden ? Wo ist die Grenze zwischen Mensch und Tier?

„Primeurs“ ist eine Kooperation von Saarländischem Staatstheater, Le Carreau in Forbach, Saarländischem Rundfunk und Institut Français, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist Kern des Ganzen. Mannigfache Grenzen lote das „energetisierende Programm“ aus, freut sich Schauspieldirektorin Bettina Brunier. So auch „Wir sind schön, für hässliche Leute“ (24.11.) von Dany Boudréault aus Québec, der seine Protagonistin nach geschlechtlicher Identität suchen lässt. Regisseur Maxime Mourot fühlt sich an griechische Mythologie erinnert und erkennt darin eine „Metamorphose“ vom „missbrauchten Mädchen zum schlagenden Mann“.

Offizielle Festival-Eröffnung ist am Donnerstag in der Feuerwache mit dem  Live-Hörspiel „Hafen Havre“ der kanadischen Autorin Mishka Lavigne – ein Zweipersonenstück über Verlust, Trauer, Freundschaft und Hoffnung. Anette Kührmeyer vom SR lobt die „präzise, nie larmoyante Sprache“, mit der die Autorin, innere Prozesse abbilde und Erwartungen unterlaufe. In Forbach findet bereits am Mittwoch mit „Auf den Bäumen sitzend“, einer deutsch-französischen Sprachcollage über spirituelle Erfahrungen und anschließendem Ballett eine Art Vorpremiere statt. Am Freitag erzählt Jöel Jouanneau im Märchen „Korb“ mit Musik und Worten von einem Jungen, der in der Wildnis aufwächst.

Wie es bei „Primeurs“ gute Tradition ist, gibt es dazu ein umfangreiches Rahmenprogramm mit Hörstationen, Übersetzerwerkstatt und -preis, einem Konzert und Autorengesprächen. Neu ist eine Art „speed dating“ mit den Autoren –  wer die eigene Stimme nicht im großen Zuschauerraum erheben möchte, hat Gelegenheit zu einem Gespräch in intimerem Rahmen. Nichts sei konventionell im Programm und alle Autoren seien auf der Suche nach der besonderen Form, dem Spiel mit der Zeit, resümiert Corinna Popp vom Staatstheater.

Alle Programminfos unter
www.festivalprimeurs.eu

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