Buchhandel im Saarland Warum Thalia seine Europagalerie-Filiale aufgibt

Saarbrücken · Ungeachtet des Endes seines Europa-Galerie-Ablegers bleibt der deutsche Marktführer im Buchhandel auf Expansionskurs.

 Die Thalia-Filiale in der Europa-Galerie schließt Ende der Woche.

Die Thalia-Filiale in der Europa-Galerie schließt Ende der Woche.

Foto: BeckerBredel

Acht Jahre nachdem Thalia in Saarbrücken mit seiner Buchhandlung in der Europa-Galerie eine dritte Filiale neben seinem in der Bahnhofstraße angesiedelten Haupthaus und einer kleinen Dependance im Saarbasar eröffnet hat, streicht Deutschlands größter Buchhandelsfilialist dort Ende der Woche die Segel. Schon jetzt sind Teile der ungünstig in einer hinteren Ecke des ersten Obergeschosses gelegenen Buchhandlung leergeräumt. Fragt man die Angestellten nach dem Schließungsgrund, heißt es nur „Fragen Sie die Geschäftsführung“.

In der Hagener Konzernleitung hieß es gestern, Umsatzrückgänge am Filialstandort Europagalerie hätten den Ausschlag gegeben. 2014 hatte Thalia seine Buchhandlung in der Shopping Mall bereits um knapp zwei Drittel verringert (von ehemals 1200 Quadratmetern Verkaufsfläche auf zwei Etagen auf zuletzt 430 auf einer Ebene) – ohne dass dies offenbar die Negativbilanz bereinigen konnte. Nun nutzte man das Auslaufen des Mall-Mietvertrages dazu, den Standort abzuwickeln. Auf die drei anderen Thalia-Standorte in Saarbrücken und Neunkirchen (im dortigen Saarpark-Center) habe die Schließung keinerlei Auswirkungen, schiebt die Hagener Pressedame nach.

Das Branchenblatt „Buchreport“ erinnerte dieser Tage daran, dass Thalia seine Mall-Filiale 2010 nicht zuletzt deshalb eröffnet habe, um den Platzhirsch, die Traditionsbuchhandlung Bock & Seip (mit Ablegern in Merzig, Saarlouis und auf dem Saarbrücker Uni-Campus), weiter in die Zange zu nehmen. Ohne großen Erfolg, wie Silvia Berg andeutet, Filialleiterin im nur einen Steinwurf von Thalias Bahnhofstraßen-Buchkaufhaus entfernten Bock & Seip-Stammhaus. Die Europagalerie-Filiale „hat uns nicht weiter tangiert“, sagt Berg. Umso mehr dafür das 1997 eröffnete Konkurrenzhaus auf drei Etagen in der Fußgängerzone, dem in der Thalia-Unternehmenshistorie eine besondere Rolle zukommt, war dies doch die erste Großbuchhandlung des heutigen Marktführers.

Nach krisenhaften Jahren, begleitet von zahlreichen Filialschließungen und Umsatzeinbrüchen durch die Amazon-Konkurrenz, befindet sich die größte deutschsprachige Buchhandelskette mit nahezu 300 Filialen (228 in Deutschland) wieder auf Expansionskurs. Insoweit ist die Saarbrücker Filialschließung untypisch; die bislang letzte war Anfang 2018 in Oberhausen. Vielmehr hat Thalia seine früher nur auf 1a-Lagen ausgerichtete Standortpolitik gehörig modifiziert und nach seiner 2016 erfolgten Übernahme durch ein Eigentümerkonsortium um die Freiburger Verlegerfamilie Herder (ihr gehören seither 65 Prozent der Thalia-Anteile) damit begonnen, inhabergeführte Buchhandlungen zu übernehmen – zuletzt das Stuttgarter Traditionshaus Wittwer, aber auch kleinere Läden in Weill, Karlsruhe oder Ettlingen. Nachdem die Top-Lagen deutschlandweit verteilt sind und das alte Prinzip, durch schiere Größe und Masse kleinere Sortimenter erdrücken zu wollen, nicht mehr aufgeht, will sich Thalia nun in Klein- und Mittelstädten breit machen. Thalia setzt darauf, dass nachfolgerlos bleibende Buchhändler ihr Geschäft in seine Hände legen. Im Vorjahr setzte man in einer Art Serienbrief Buchhändlern quasi die Pistole auf die Brust: Man drohte mit Filialgründungen, sofern nicht – wie es in dem Schreiben hieß – „ein Verkauf Ihrer Buchhandlung an Thalia für Sie derzeit eine prüfenswerte Alternative darstellt“.

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