Urban Art in Saarbrücken Von der Beton- zur Leinwand

Saarbrücken · Die Saarbrücker Galerie Zimmerling & Jungfleisch zeigt aktuelle Arbeiten von Urban-Art-Star Sen2.

 Die Arbeit „Bang“, mit verschiedenen Materialien auf Leinwand.

Die Arbeit „Bang“, mit verschiedenen Materialien auf Leinwand.

Foto: Sen2/Galerie Zimmerling & Jungfleisch/Galerie Zimmerling & Jungfleisch

Auch Street-Art- und Graffiti-Künstler müssen Geld verdienen. Von Auftragsarbeiten zu leben, ist schwierig, und nur wenige Stars der Szene verdienen damit genug Geld. Als Urban Artist den Schritt in die Galerie zu wagen, ist für viele Künstler also nahezu alternativlos. Ein weiterer Grund ist der Entfall der Begrenzungen der Straßenkunst. Jedes Material kann genutzt werden.

Nicht jedem Künstler gelingt dieser Schritt mühelos. Was auf einer Außenwand in einem trostlosen Stadtteil in New York funktioniert, wird in der Galerie nicht zwangsläufig zu großer Kunst. Ein gutes Beispiel dafür ist Sen2 alias Sandro Figueroa. Dessen lebensfrohe Wandbilder sind ein echter Hingucker und großartige Kunst. Doch auf den kleinen Leinwänden geht viel verloren, die Arbeiten wirken oft kraftlos und dekorativ. Es entsteht der Eindruck, die Gemälde seien nur ein müder Abklatsch der Bilder im öffentlichen Raum.

Die aktuelle Ausstellung in der Galerie Zimmerling & Jungfleisch beweist, dass der puertoricanische Künstler das erkannt und sich weiterentwickelt hat. Die Werke von Sen2 waren in den letzten Jahren vornehmlich Kompositionen aus grellen Farben, Comic-Motiven und Punkten, die an vergrößerte Druckraster erinnern. Neuere Arbeiten von 2015 und 2016 griffen zusätzlich Schriften im Graffiti-Stil auf, in denen der Künstler Persönliches einarbeitete und emotionaler wurde.

Nun sind das farbige All-Over und die Schriften verschwunden. Die Farbgebung ist deutlich reduziert. Die Leinwand ist grau grundiert und weckt damit eine Assoziation an Wände und Betonflächen. Ein kluger Schachzug, weil sich so der Eindruck eines Graffito verfestigt, obwohl Sen2 kaum noch mit traditionellen Graffiti-Materialien arbeitet. Stattdessen nutzt er vor allem Acrylfarben, die er freihändig mit dem Pinsel aufträgt. Nur die Punkte sind noch gesprüht. Manchmal kommt auch die Farbrolle zum Einsatz und wird in einem gestischen Akt kurz eingesetzt. Dicke Striche durchziehen zusätzlich den Bildraum. All das bricht den klaren und scharfkantigen Stil. Der Bildinhalt rückt in das Zentrum des Malgrundes, und die graue Grundierung bleibt an den Rändern sichtbar. Die Bilder setzen sich deutlich stärker als zuvor aus gleichrangigen Fragmenten zusammen.

Neben den typischen Comic-Gesichtern und der Sprechblasen-Prosa setzt Sen2 verstärkt auf geometrische Abstraktionen aus Primärfarben, zu denen sich Pastelltöne und kräftiges Grün gesellen. Man glaubt, Berge, Wasser, Sonne und Stadtlandschaften zu erkennen. Insgesamt wirken Sen2s Arbeiten deutlich erwachsener und sind intellektueller als zuvor. Aus dem reinen Ausdruck der Lebensfreude und der spaßig-bunten Intervention im öffentlichen Raum ist ein durchdachtes Bildkonzept geworden.

Bis 26. August. Infos gibt es unter www.zimmerling-jungfleisch.com

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