Mettlacher Kammermusiktage Tolstoische Tiefen am Sonntagmorgen in Mettlach

Mettlach · Hinter der literarischen Figur Anna Kareninas ist viel Platz für Ambivalentes, für mitreißende Ausstrahlung; ein Name also wie gemacht für ein Musikensemble, das sich zudem dem befruchtenden Wirkungskreis großer Literatur verpflichtet sieht.

Das junge „Trio Karénine“ gastierte gestern Morgen  bei den „Kammermusiktagen Mettlach“ mit einem exquisiten Programm.

Haydns „Klaviertrio E-Dur“ geriet insgesamt etwas braver als eigentlich nötig, gerade im ersten Satz überlagerte noch eine vornehme Zurückhaltung, bei der Vorstellung des volksliedhaften Themas zwar durchaus angebracht, den kraftstrotzenden Gestus im weiteren Verlauf. Ein barockes Bassmotiv zieht sich sodann kriechend durch das „Allegretto“, von einem fragilen Oktavgeschehen zu einer neuen dramatischen Dimension geführt, was die vielfach ausgezeichneten Absolventen international renommierter Klassen ebenso wie den mit Überraschungen kokettierenden Witz des Finales superb ausführten.

Das „Allegro energico“ aus Brahms’ „Trio c-Moll“ wird von einer strengen Triolenfigur im Hauptthema, die plötzlich auf eine Art sentimentalen Walzer trifft, an Gegensätzlichkeit aufgeladen. Wunderbar, wie das Ensemble die logische Fortsetzung dessen als cholerisch angehauchte Coda gab. Die beiden Zwischensätze verblieben trotz ihrer ausgemachten kompositorischen Vielschichtigkeit in einem schattenhaften Dasein, bis der joviale Charakter des „Allegro moltos“ Einzug hielt und den genialischen Kosmos des Spätwerks vollendete.

Dass die Seele des „Trio Karénine“ unverkennbar eine französische ist, belegte abschließend Ravels einzige Komposition dieser Gattung, das mitten im Ersten Weltkrieg entstandene „Trio in a-Moll“. Mit fiebriger Hellsichtigkeit und einer außergewöhnlichen formalen Kreativität zeigte sich hier die ungeheure Prophetie jener Klänge.

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