Musikfestspiele Saar Die Musikfestspiel-Zukunft heißt Frau

Saarbrücken · Mit neuem Team hat sich das Saar-Klassikfestival neu aufgestellt. Nun wartet von Samstag an die Bewährungsprobe.

 Die Festival-Macher in der Mitte: Eva Karolina Behr, Karin Maria Piening und Bernhard Leonardy stemmen jetzt die Musikfestspiele Saar. Die Professoren Thomas Krämer (links) und Eduard Arzt  (rechts) unterstützen das Musikfestspiele-­Trio beratend und via Förderverein.

Die Festival-Macher in der Mitte: Eva Karolina Behr, Karin Maria Piening und Bernhard Leonardy stemmen jetzt die Musikfestspiele Saar. Die Professoren Thomas Krämer (links) und Eduard Arzt  (rechts) unterstützen das Musikfestspiele-­Trio beratend und via Förderverein.

Foto: Oliver Schwambach

Es grünt plötzlich so grün – das Plakat der neuen Musikfestspiele Saar, das den Relaunch des zuletzt arg gebeutelten Festivals verkünden soll. Und, „Mein Gott jetzt haben sie’s!“, möchte man, „My fair lady“ im Sinn, fast schon jubeln. So fix wie die Karten für „Classic for Neophytes“ weggingen, das erste Festival in der Neuedition, das am Samstag startet. Bloß, dass es Chef Bernhard Leonardy da gleich mit zwei Fair Ladies zu tun hat, Karin Maria Piening und Eva Karolina Behr. Die ihm allerdings – anders als im bekannten Musical – das Reden weitgehend abnehmen. Verliefen Pressetermine der Musikfestspiele in der Vergangenheit eigentlich immer so, ein Mann präsentiert sich und das Festival, Gründer und Patron Robert Leonardy nämlich, hört der Leonardy der nächsten Generation, offiziell neuer Intendant und künstlerischer Leiter der Saar-Festspiele, nun sehr oft zu. Während Piening (Festivalmangement) und Behr (Konzeption) das Sagen übernehmen.

Das neue, erfrischend agile Leitungs-Trio (im Grunde zugleich die Gesamtbelegschaft) ist freilich nicht das Einzige, was sich ändert. Wenn Samstagabend im Dillinger Lokschuppen „Classic for Neophytes“ beginnt, bedeutet das auch eine programmatische Zäsur. Das Auftaktkonzert läuft Hand in Hand mit dem „EinKlang“-Projekt, bei dem Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam auf der Bühne stehen. „Es geht uns insgesamt darum, neues Publikum zu gewinnen“, erläutert Piening. Junge, Alte, bisherige Klassik-Verweigerer, ganz gleich, an alle will man ran. Genau das reizte die Regisseurin und Noch-relativ-neu-Saarländerin, ins Team einzusteigen. Flötistin und Musiklehrerin Behr legt dazu großen Wert auf Projekte für Kinder. Hinzu kommen aktuell HipHop in der Kirche, Schwimmen zu Händels „Wassermusik“, Didaktisches wie Partizipatives, Kulinarisches wie Anspruchsvolles; das sollen jetzt die Musikfestspiele sein, die früher vor allem im Glanz großer Namen strahlten und bisweilen auch damit blendeten. Den hochklassigen wie hochklassischen Markenkern wolle man auch nicht verwässern, meint Leonardy. Schließlich seien jetzt ja auch die Limburger Domsingknaben zu Gast, und am Ende des 14-tägigen Blitzfestivals (bis 11. November) steht exemplarisch das Friedenskonzert in der Kathedrale von Verdun mit gleich zwei Requien und der russischen Staatsphilharmonie.

Genau für so etwas wurden die Musikfestspiele bislang geschätzt. Und diese Sogkraft wirkt auch noch. „Da sind schon alle Einlasskarten weg“, sagt Piening. Fast hätte die Trauermusik noch politischen Wirbel verursacht, weil am Jahrestag des Endes des Ersten Weltkriegs Präsidenten aus West und Ost morgens nach Paris jetten, ein Konzertbesuch am Nachmittag in Verdun hätte da noch gut gepasst. Angeblich habe sich der Secret Service schon mal in Verdun umgesehen. Nun aber bleibt es am 11. November wohl bei dem schon avisierten französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier auf den Ehrenplätzen. Wer keine Karte mehr bekommen hat, darf es sich im eigenen Fernsehsessel bequem machen: Arte überträgt live.

Parallel zur „Neophyten“-Auflage bringt das Festspiel-Trio aber schon die Ausgabe 2019 (24. April bis 26. Mai) in trockene Tücher und bereitet bereits 2020 vor, weil man vom alten Zweijahres-Turnus abgerückt ist. 2019 lautet das Motto „New Generation“. Auch da will man neben den Berliner Barocksolisten unter Reinhard Goebel (just mit dem „Echo“-Nachfolger, dem „Opus“-Klassikpreis, gekürt) und der noblen Academy of St Martin in the fields auch viel für die musikalische Basis tun. Nicht zuletzt, weil weniger Geld in der Kasse ist. Jonglierte Leonardy senior mit Etats von über einer Million Euro, bescheidet sich das neue Trio mit 500 000 Euro und der Konzentration auf die Monate April und Mai. „Wir müssen auch konsolidieren“, sagt Bernhard Leonardy. Stärker als früher sucht man zudem den Schulterschluss zu anderen. So soll der Epilog der „New Generation“-­Ausgabe, ein Open Air im Kulturpark Bliesbruck-Reinheim, zugleich Prolog der „Perspectives“ sein.

Überdies geht man neue Wege in der Vermarktung, will das Festival mit einer Kampagne im Internet präsentieren, den zeitraubenden Ticket-Verkauf nicht mehr selbst schultern und in Saarbrücken citynäher agieren. Das Festspielbüro zieht aus dem Souterrain der Leonardy-Villa am Rothenbühl in die Dudweiler Straße. Und unverdrossen hofft man, dass das Land wieder stärker in die Förderung des Klassikfestivals einsteigt. Aktuell unterstützt man bloß punktuell Konzert-Projekt. Leonardy hätte aber gern eine kalkulierbare feste Fördersumme: „100 000 Euro bräuchten wir vom Land.“ Kommende Woche steht ein Gespräch mit Kulturminister Ulrich Commerçon (SPD) an. Prognose? Offen. Aber grün ist ja bekanntlich die Hoffnung.

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