Merziger Zeltpalast Merziger Rolle rückwärts zur Oper
Merzig · Zeltchef Joachim Arnold bringt nächstes Jahr Mozarts „Entführung“ und noch einmal die „Addams Family“.
Die Wanderschuhe trägt er noch im Rucksack. Nächste Woche aber braucht er sie. Dann will Joachim Arnold die Alpen queren. Ist mal weg. Für einen Monat. Dabei hat der „Musik & Theater Saar“-Chef (zumindest geschäftlich) keinerlei Grund zum Davonlaufen. Seine aktuelle Saison, die dieses Wochenende mit den „Spamalot“-Aufführungen im Merziger Zeltpalast schließt, „war ein Riesenerfolg“. Sagt er. Und ist selbst leicht überrascht. Dass das Monty-Python-Musical ein solcher Renner würde, hatte er zwar erhofft, aber nicht eingepreist. Die Wochenenden waren immer ausverkauft, sagt er. Und auch unter der Woche war der Zuspruch für die Kokosnuss-Ritter prächtig. 11 000 Besucher kamen zu den 16 Vorstellungen.
Auch die traditionsreiche Kammermusik-Reihe in Mettlach lief wie immer wie geschmiert. Und bei „Klassik am See“ hat Arnold mit dem Saarländischen Rundfunk jetzt endlich einen Partner, der nicht bloß sein hochkarätiges Orchester, die Deutsche Radio Philharmonie, zur musikalischen Sommerfrische an den Losheimer Stausee schickt. Nein, er werbe schon aus Eigennutz dafür „wie Bolle“, freut sich der „M & T“-Boss. Und kann mit diesem Rückenwind bereits das nächste Saisonprogramm aufblättern.
Da kommt es 2018 zu einer erstaunlichen Rolle rückwärts: Es gibt wieder Oper im Zelt. Dabei hatte Arnold sechs Jahre lang fest aufs Musical geschworen. Oper im Sommertheater, schien ihm, so argumentierte er seinerzeit, nicht mehr zugkräftig. Doch die grassierende „Musicalitis“ im Land, das schiere Überangebot, bekehrte ihn nun. – Andreas Gergen wird also nächstes Jahr Mozarts „Entführung aus dem Serail“ inszenieren, die vor 20 Jahren schon mal im Zelt lief. Und ein „namhafter deutsch-türkischer Autor“ werde ein neues Libretto dazu dichten. „Das Original ist grässlich“, meint Arnold. Und Gergen, mittlerweile der Stammregisseur in Merzig, der just auch den „Spamalot“-Spaß pointensicher servierte, soll der Garant dafür sein, dass die Oper, die in diesen Zeiten der Flüchtlings- und Kulturendebatte brennender denn je zu inszenieren wäre, trotzdem sommerleicht genug bleibt. „Auf jeden Fall wird es wieder eine Oper in der Manege“, kündigt der Zeltchef an. Mit Gergen sinnt er auch schon über den übernächsten Streich nach. Arnold möchte – wohl 2019 – eine bisher ungespielte Operette des „Weißen Röß’l“-Komponisten Ralph Benatzky aufführen: „Cherchez la femme“.
Auch die Dirigentin fürs nächste Klassik Open Air hat Arnold bereits ausgeguckt: Oksana Lyniv, die neue Operndirektorin in Graz und bisherige Assistentin von Kirill Petrenko. Für Frauen (am Pult) hat der Zeltpalast-Direktor ohnehin ein Händchen. Auch die hochgelobte Chefin des City of Birmingham-Orchestra, Mirga Gražinytė-yla, war ja schon in Losheim zu Gast.
2018 kehrt aber auch die „Addams Family“ ins Merziger Zelt zurück. „Leicht überarbeitet, aber mit dem selben Cast.“ Die bisher erfolgreichste „M & T“-Produktion lief schon im Berliner Admirals-Palast. In Wien wurde sie und wird sie wieder gespielt. Und Austrias Musicalmetropole, meint Arnold, sei nun wahrlich keine Stadt, die auf auswärtige Produktionen gewartet habe. Ergo, das Tour-Geschäft läuft, auch wenn man damit nicht das große Geld mache. Deshalb verkauft er seine Produktionen mittlerweile auch als Paket an die jeweiligen örtlichen Veranstalter, nimmt selbst das Vor-Ort-Risiko nicht mehr auf sich. Überhaupt hat er seine Firma quasi auf eine Ein-Mann-Unternehmung eingedampft. Catering und Marketing kauft er für die Produktionszeit genauso ein wie Bürokräfte und Technik. „Alles selbst machen, das geht nicht mehr“, meint der 52-Jährige, dem auch die Fast-Pleite 2012 noch in den Knochen steckt. „Im Grunde bin ich Einzelkämpfer“, sagt Arnold. Und der wandert jetzt auch – allein.