Konzert des Staatsorchesters Mahlers „Tragische“ fordert Zuhörer und Musiker

Saarbrücken · Matinee des Staatsorchesters in der Congresshalle

Ein gefälliges Werk ist Gustav Mahlers sechste Sinfonie, „die Tragische“, keinesfalls, verneint ihre wütende Existenzialität eben gerade jenen seichten Opportunismus in der Musik, der Komponist und Publikum gleichermaßen unfrei macht, obwohl er behagt. Eine profunde, „rätselhafte Klanggewalt“ zu bearbeiten, war am Sonntagvormittag also auch ein wesentlicher Anspruch des Saarländischen Staatsorchesters, der erfüllt wurde, obwohl das aufmüpfige Alleinstück des zweiten Sinfoniekonzerts sich mitnichten kampflos fügte und die Saarbrücker Congresshalle mehrmals an ihre akustische Grenze brachte.

Die Höhepunkte des halbstündigen Finalsatzes etwa, mit zwei überzeugend „fällenden“ Hammerschlägen, dirigierte Generalmusikdirektor Nicolas Milton schonungslos zu Ende, so dass fast bewusst gesprengte orchestrale Homogenität ein gewisses Lärmen begünstigte. Ein Mehr an Stimmung allerdings eröffnete sich durchaus in den lyrischen Passagen dieses Gewaltaktes, wobei das Hornregister stellvertretend für eine außergewöhnliche Farbenbandbreite genannt sei. An der Soloposition gelang es hier Anton Richter mit eingegangenen gestalterischen Risiken der Musik höchsten Zauber abzugewinnen. Gerade die kafkaesken Elemente des „Scherzos“ hätten von einer Übertriebenheit hinsichtlich Artikulation und Dynamik noch mehr profitiert. Ausdrücklich zu loben ist jedoch Miltons Verdienst, die beschwerende Ausweglosigkeit des letzten Satzes auf die gesamte Sinfonie zu übertragen; schon im „Allegro energico“ von aggressiven Basspulsen vorweggenommen, mit kratzender Expressivität in den Streichern fortgeführt und in Blechausbrüchen mit Todesverachtung in die Welt hinausgeschrien. Zitatanklänge wie die Herdenglocken präsentierten sich höchstens als Erinnerung an verworfene Idyllgedanken, auch das „Andante moderato“ verkörperte sehnendes Unbehagen als Ruhepause. Diese Orchesterleistung des zu jeder Zeit erkennbaren roten Fadens war beachtlich.

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