Kunst in der Kirche Luther, der Brandschutz und die Häkelnadel

Saarbrücken/Bietigheim · Die saarländische Künstlerin Katharina Krenkel ist in eine schwäbische Kirche gezogen — für eine zweiwöchige Aktion.

 „Löschwasser“ aus blauen Säcken in Bietigheim.

„Löschwasser“ aus blauen Säcken in Bietigheim.

Foto: Rich Serra

Wie das wohl ist, in einer Kirche zu wohnen? „Ich bin sehr gespannt!“, sagte Katharina Krenkel vorige Woche am Telefon. Nun ist sie seit Sonntag in Klausur in der Stadtkirche im schwäbischen Bietigheim. Wie einst Martin Luther auf der Wartburg. Die Kunstaktion, zu der sie von drei  Gemeinden dorthin eingeladen wurde, ist ein Beitrag zum Reformationsjubiläum und steht unter dem Motto „Feuer und Wasser“. 14 Tage lang (bis 2. Juli) wird Krenkel die Kirche nicht verlassen. Ihr Bett steht in der Sakristei. „Zum Zähneputzen muss ich im Schlafanzug hinterm Altar vorbei auf die andere Seite des Chores“, scherzt sie.

Vor zwei Jahren hatte sie den Bietigheimern ihr „fließendes, gehäkeltes Altartuch“ präsentiert, das 2011 ursprünglich für die Saarbrücker Johanneskirche entstanden war und durch saarländische Kirchen unterwegs war. Die waren begeistert, und so entstand die Idee, die Häkel-Künstlerin für eine Installation im Lutherjahr einzuladen.

Kein Handy, kein Fernseher, keinen Kontakt zur Außenwelt. Lediglich für zwei Stunden am Tag wird Katharina Krenkel von einer kleinen Türmerwohnung aus die Aussicht auf die Stadt genießen können. „Länger darf ich da oben aus Brandschutzgründen nicht bleiben. Die Gemeinden müssen sogar Brandwächter stellen, viele ehrenamtliche Helfer übernehmen das. Viele Menschen sind sehr involviert“, freut sie sich. Über den Brandschutz kam Krenkel zu ihrem künstlerischen Thema „Feuer und Wasser“.

Aus Absperrbändern, die sie für ihre Kunst-Installationen gerne verwendet, hat sie Feuerzungen gehäkelt und damit den Turm symbolisch in Brand gesetzt. Verhäkelte blaue Säcke ergeben das „Löschwasser“. Häkeln ist Katharina Krenkels großes Talent, ihre Leidenschaft. Sie kann nicht anders, es ist ihr künstlerisches Markenzeichen.

Was aus Einsamkeit, Stille und Kontemplation entsteht, das wird sie in einem „Turmtagebuch“ aus Stickgrafiken festhalten, die täglich abgeholt und in der Städtischen Galerie Bietigheims ausgestellt werden. „Wie Luther werde ich versuchen, Dinge und Erfahrungen zu übersetzen“, erklärt Krenkel. Eine Linoldruck-Serie von „Innensichten“ ist im Entstehen, die während Krenkels Klausur im Schaufenster einer Bietigheimer Buchbinderei zu sehen ist.

„Luther soll ja mit dem Teufel gerungen haben und dabei ein Fass Tinte an die Wand seiner Kammer in der Wartburg geworfen haben. Vielleicht werfe ich ja mit Wollknäuel um mich“, zieht Krenkel Parallelen. „Mal sehen, wie mir die Einsamkeit bekommt“, fragt sich die Mutter von vier Kindern, die im „richtigen“ Leben viel Trubel gewohnt ist. Und so wächst diese sich täglich verändernde Kunstaktion aus drei Materialien an drei Orten, bis die Künstlerin am 2. Juli von der Feuerwehr aus dem Turm „gerettet“ und die Klausur damit beendet wird. Bis 9. Juli werden alle entstandenen Kunstwerke in der Stadtkirche zusammengeführt und gemeinsam zu sehen sein. Auch Krenkels Altartuch „Wasser“ reist an: zum Abschlussgottesdienst am 9. Juli.

 Aus Absperrbändern gehäkeltes „Feuer“ an der Außenwand.

Aus Absperrbändern gehäkeltes „Feuer“ an der Außenwand.

Foto: Rich Serra
 Die Künstlerin vor einem gehäkelten Werk.

Die Künstlerin vor einem gehäkelten Werk.

Foto: Empfang

Katharina Krenkel stellt ihre Arbeit regeImäßig im Internet vor: http://katharinakrenkel.blogspot.de

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