Neu auf DVD „Es bleibt eben schwierig“

Saarbrücken · Walter Giller und Hansjörg Felmy, TV-Ballett und der KGB – Neue DVDs vom Nostalgie-Spezialisten Pidax Film.

 Walter Giller plus Schiff – als wäre es eine Szene aus Werner Herzogs Film „Fitzcarraldo“.

Walter Giller plus Schiff – als wäre es eine Szene aus Werner Herzogs Film „Fitzcarraldo“.

Foto: Gerhard Schmidt scripts and films Produktion

In Sachen TV-Nostalgie dürfte die Riegelsberger Firma Pidax Marktführer sein – bestenfalls der Konkurrent Fernsehjuwelen/Filmjuwelen bringt so viele nostalgische Perlen heraus wie die Saarländer. Eine von ihren jüngsten Ausgrabungen war damals, als sie Anfang bis Mitte der 1980er im ZDF lief, durchaus Schulhofgespräch: „Locker vom Hocker“, eine Parade von Sketchen, die Schauspieler Walter Giller als Conferencier miteinander verbindet, sehr gerne mit der Formulierung „Es bleibt eben schwierig.“ Manche Pointe wirkt heute etwas in die Jahre gekommen, ebenso wie der ein oder andere Auftritt eines Fernsehballets, aber es finden sich viele gute Sketche mit manchmal spleenigem Humor – sie stammen vor allem aus britischer Feder. Giller zuzusehen, ist ein Vergnügen: wenn er mannhaft versucht, in einer Musical-Nummer zu singen (offensichtlich nicht seine Stärke) oder in einer Bar versucht, die Rechnung mit Kaffeetassen zu bezahlen. Seine besten Momente hat er aber bei den gut geschriebenen Überleitungen, die mit Sinn fürs Absurde und bar jeglicher Logik die Sketche miteinander verbinden. Die Reihe ist auf zwei Doppel-DVDs erschienen.

Eine weitere Ausgrabung ist „Affäre Nachtfrost“, ein Spionagethriller von 1989. Hansjörg Felmy, in der TV-Historie unsterblich als „Tatort­“-Kommissar Haferkampf, spielt einen ranghohen Beamten im Bundenachrichtendienst auf dem Zenith von Leben und Karriere: Jeden Morgen holt ihn ein Fahrer ab, um ihn von der Villa ins Büro zu chauffieren, abends lädt die Gattin (Gudrun Landgrebe) illustre Gäste ein, darunter ihren Vater, CDU-Urgestein mit linken Tendenzen, den es beim Anblick von Kanzler Kohl im Fernsehen graust: „Sieh Dir das an, wie der grinst.“ Wohlgeordnet scheint das Leben, bis ein abendliches Gespräch mit dem neuen Nachbarn das Leben auf den Kopf stellt: Der Nachbar ist vom KGB und kennt das Geheimnis, das der BND-Mann seit 40 Jahren verbirgt: Er war kein Soldat der Wehrmacht, sondern ein SS-Mann, der am Ende des Krieges eines Brücke sprengen ließ, die gerade Hunderte von Flüchtlingen überquerten. Das will der Osten publik machen, sollte Seyfried dem Osten nicht Pläne neuer Westpanzer zuspielen. Was tun? Erst einmal muss er sich seiner Frau erklären – im Heizungskeller, denn das scheint der einzige Raum der Villa zu sein, der nicht schon längst von Stasi und KGB  verwanzt ist.

Einen Lügner und SS-Vergangenheitsvertuscher zur Hauptfigur zu machen, ist originell. Doch „Affäre Nachtfrost“ windet sich etwas und reicht in einer  Rückblende aus dem Krieg die Information nach, dass Seyfrieds Fall doch anders liegt; zwar war er tatsächlich bei der SS, wollte die Brückensprengung aber verhindern. Ein Kind von damals könnte das bezeugen, doch wo lebt der Erwachsene heute? Alles deutet auf die DDR hin. Spionagethriller, Szenen einer Ehe plus Zeitkolorit (DDR, Kohl, Reagan): Der Film hat seinen Reiz und kommentiert den Polit-Betrieb recht unverblümt: Dass Seyfried bei der SS war, weiß der Bundesnachrichtendienst schon seit Jahrzehnten, aber es stört ihn nicht, schließlich ist Seyfried auf seinem Gebiet (Panzertechnik) ein Experte. Und das Ende fällt überraschend finster aus.

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