Ein Gedächtnisabend zu Ehren des saarländischen Schriftstellers Gustav Regler Lasst die „Apostel des Absoluten“

Saarbrücken · Das Saarbrücker Literaturarchiv erinnert heute mit einer Lesung an Gustav Regler.

1919 ereignete sich angeblich die erste dreier prägender Zäsuren in Gustav Reglers Leben: Damals soll sich der 21-jährige Heidelberger Philosophiestudent (und vormalige Weltkriegssoldat) in Berlin an der Niederschlagung des kommunistischen Spartakusaufstandes beteiligt haben. Erst als er den ersten toten Aufständischen sah, habe er abgelassen von der Kommunistenhatz. Was als Schlüsselerlebnis Reglers kolportiert wurde, hält der Saarbrücker Reglerforscher Hermann Gätje hingegen für reine Stilisierung. Nicht einmal, dass Reglers damals überhaupt in Berlin war, sei heute geklärt, so Gätje.

Zehn Jahre Jahre später, dies hingegen ist verbürgt, war dann aus Regler das Gegenteil geworden – ein glühender Anhänger der kommunistischen Sache, als deren Initial sein 1929 erfolgter Eintritt in die KP gelten kann. „Es war die Klaue der Absolutheit, die mich ausgeliefert hatte“, urteilte er später in seiner Autobiografie „Das Ohr des Malchus“ über seine Obsession für die Linke – Reglers zweite Lebenswende, wenn man so will. Die letzte folgte peu à peu Ende der 30er Jahre, als er sich – bis auf die Knochen ernüchtert von Stalins Machenschaften – ein für alle Mal von seinen kommunistischen Idealen (und deren politischen Entzauberern, den „Aposteln des Absoluten“) verabschiedete. Und aus Europa über die USA nach Mexiko emigrierte.

Aus Anlass des 120. Geburtstages des am 25. Mai 1898 in Merzig geborenen (und am 14. Januar 1963 in New Delhi gestorbenen) Schriftstellers erinnert das Literaturarchiv Saar-Lor-Lux-Elsass (in Kooperation mit dem Merziger Gustav-Regler-Archiv) heute Abend um 18 Uhr auf dem Saarbrücker Uni-Campus (Gebäude B1.1, Landesbibliothek) an Regler. Und weil man dies nun mal nicht besser als mit dessen Texten tun kann, wird der Schauspieler Walter Schmuck Textauszüge aus allen Schaffensperioden Reglers lesen. Reglers, sehr salopp gesagt, kommunistisches Hü & Hott wird dabei auch zur Sprache kommen – dient dessen lebenslange Auseinandersetzung mit der Frage, „auf welche Weise politische und religiöse Ideen mit dem Anspruch, die Welt zu verbessern, die Menschheit in die Katastrophe stürzen können“, doch als roter Faden des Abends, wie es in der Ankündigung heißt.

Fünf Jahre vor seinem Tod schrieb Regler in seinem „Brief an einen jungen Protestanten“, dass „der größere Mut, den unsere Tage benötigen“, nach den Verwüstungen des Faschismus und des Kommunismus stalinistischer Prägung dann doch der Mut zum Zweifel „an Heilslehren, ob sie sich materalistisch oder autoritär aufführen“ sei. Zeitlebens misstraute er nach seinem persönlichen Waterloo jeder Hauruck-Ideologie. Seine letzte Ruhestätte fand er in seiner alten Heimat, in Merzig.

um 18 Uhr im Saarbrücker Literaturarchiv

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