Merziger Zeltpalast Arnold am Ende des Regenbogens

Merzig · Klein, aber hochdramatisch: Die Sommerproduktion im Merziger Zeltpalast dreht sich um die Hollywood-Diva Judy Garland. Mit vielen Song-Klassikern in „Club-Atmosphäre“ ab 21. August.

         Der Kultur-Unternehmer Joachim Arnold

Der Kultur-Unternehmer Joachim Arnold

Foto: M&T/Benny Dutka

Am Ende des Regenbogens wartet ein goldener Schatz, behauptet eine doch schon reichlich betagte Sage. Joachim Arnold, der sich gerne mal als „Direktor und Gabelstaplerfahrer in einer Person“ vorstellt, also sowas wie der Mann für alle Fälle in seinem Laden „Musik & Theater Saar“ ist, hofft, dass er am Ende des Regenbogens ein volles Zelt vorfinden wird. Was ja für einen Veranstalter wie ihn auch Gold bedeutet. Anders gesagt: Diesen Sommer will es Arnold im Merziger Zeltpalast mit „End of the rainbow“ wissen.

Klingt doch irgendwie bekannt, klingt nach „Somewhere over the rainbow“, diesem einzigartigen Song aus dem „Zauberer von Oz“. Ja, stimmt. Die blutjunge Judy Garland machte der Film 1939 schlagartig weltberühmt. Doch trotz weiterem Hollywood-Ruhm, trotz gefeierter Konzertauftritte, ihr Leben war eine einzige Achterbahnfahrt: fünf Ehen, Drogen, Verzweiflung. Gerade mal 47 war sie, als sie starb; eine Überdosis Schlaftabletten.

 Judy oder Liza? Vasiliki Roussi war im Merziger Zeltpalast 2013 schon als Sally Bowles, in der Paraderolle von Liza Minnelli, zu erleben. Nun nimmt sie sich auch noch der Mutter an, wird zu Judy Garland in „End of the rainbow“.

Judy oder Liza? Vasiliki Roussi war im Merziger Zeltpalast 2013 schon als Sally Bowles, in der Paraderolle von Liza Minnelli, zu erleben. Nun nimmt sie sich auch noch der Mutter an, wird zu Judy Garland in „End of the rainbow“.

Foto: M&T

„End of the rainbow“ setzt dort ein, wo die schon vom Leben gezeichnete Garland glaubt, sie könne noch einmal einen Aufschwung schaffen. Ein Hotelzimmer und ein Londoner Nachtclub sind die Zuflucht, auf die der Kosmos des einstigen Weltstars zusammengeschrumpft ist. Großes Theater konzentriert im Kammerspiel, hochdramatisch, mit vielen fantastischen Songs, verspricht Joachim Arnold. Tracie Bennett als Garland räumte damit vor acht Jahren bei der Uraufführung des Musikdramas von Peter Quilter gleich mehrere Preise ab. Und der Schwanengesang einer Diva lief mittlerweile in Europa rauf und runter, zuletzt, 2018, auch in Luxemburg.

„Es ist eine Produktion, die zwingend Nähe braucht“, meint der M & T-Chef. Darum wird die Zeltmanege im Sommer dafür auch auf rund 500 Plätze limitiert, die Bühne ans Publikum ran gezoomt. „Und man kann es nur machen, wenn man die Richtige dafür hat“, sagt Arnold. Und er habe sie, jubelt er. Vasiliki Roussi, die bereits 2013 die Sally Bowles in „Cabaret“ im Merziger Zelt spielte nämlich. So bleibt Roussi mit der Garland praktischerweise auch in der Familie. Schließlich war Sally Bowles die Paraderolle von Liza Minnelli, Judy Garlands Tochter. Und überhaupt hat die griechische Schauspielerin und Sängerin bloß beste Erfahrungen mit Künstlerinnen, die die Kerze an beiden Enden anzünden. Am Theater Trier begeisterte Roussi jüngst erst als Edith Piaf.

     Vasiliki Roussi wird im Sommer Judy Garland im Zelttheater singen und spielen.

Vasiliki Roussi wird im Sommer Judy Garland im Zelttheater singen und spielen.

Foto: M&T

Klar ist damit aber auch: Es wird sicher kein heiter-leichtes Sommervergnügen dieses Jahr in Merzig. Dafür aber packend, dramatisch und bannend wohl. Überraschender aber ist noch, dass es 2019 überhaupt Musiktheater gibt. Als Joachim Arnold vor knapp einem halben Jahr nämlich erstmals seinen Weihnachtszirkus annoncierte – „mit 6000 Zuschauern insgesamt ein schöner Erfolg“ –, hatte er für den Sommer eigentlich nur noch Konzerte im Sinn. Völlig wider die Tradition im Zeltpalast. Wenn es aber überhaupt so etwas wie eine Konstante gibt bei Joachim Arnold, dann die permanente Veränderung. Mal schwor er wortreich der Oper ab und es galt nur noch dem publikumsträchtigeren Musical. Dann feierte er wieder die Oper, ließ sogar für Mozarts „Entführung aus dem Serail“ Text neu dichten. Und jetzt? Singt er plötzlich das hohe Lob der Beschränkung. Setzt auf ein Musikpsychodram im Kammerspielformat, was in einer großen Zirkusarena erst mal irritierend wirkt. Doch Arnold wäre nicht Arnold, wenn er nicht auch mit diesem Salto auf den Füßen landen würde.

Im Übrigen habe gegen einen Sommer so ganz ohne Musiktheater auch gesprochen, meint der Zeltchef, „dass eine Musiktheaterproduktion exakt das ist, was das Publikum von uns erwartet, unsere Kernkompetenz eben“. Also gibt er nun dem Publikum, was er glaubt, dass es will. Zugleich wollte er aber auch dem ewigen Noch-größer-noch-spekatulärer-Treiben in der Kultur trotzen. Qualität und „exzellente Live-Musik“ sind seine Gegenargumente dieses Mal. Wobei Arnold das dennoch bewährten Kräften überlässt. Andreas Gergen, an vielen großen Bühnen in Deutschland und Österreich als Regisseur gefragt, aber auch Arnolds Flying Circus lange schon eng verbunden, wird wieder inszenieren.

Trotzdem dürfte eine kleinere Produktion wie diese wohl auch ein Beitrag zur Risiko-Minimierung in Arnolds oft kühnen Unternehmungen sein. „Wir überheben uns damit nicht“, sagt der M & T-Chef. Schließlich hat er gerade erst beim Urmeter von M & T, den Mettlacher Kammermusiktagen, auf Erneuerung geschaltet. Die Geigerin Franziska Hölscher verantwortet mittlerweile die Traditionsreihe, und sie hat neben den Kammerkonzerten in der Mettlacher Abtei auch ein paar neue Projekte platziert. So holt sie etwa Schauspielerin Katja Riemann zum „Karneval der Tiere“ in den Zeltpalast nach Merzig. „Das ist ja dann schon viel Neues“, meint Arnold. Und als mittlerweile 53-Jähriger erfinde er die Welt eben nicht mehr jeden Tag neu. Warten wir ab, was er nächstes Jahr sagt.

„End of the Rainbow“: Premiere am 21. August 2019, 20 Uhr, im Merziger Zeltpalast.

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