Neu im Kino „Ich dachte: Der Mann hat Mut!“

Saarbrücken · Der Regisseur über seinen Papst-Film „Franziskus – Ein Mann seines Wortes“, der morgen im Saarbrücker Filmhaus startet.

 Papst Franziskus in einer Szene aus Wim Wenders’ Dokumentarfilm.

Papst Franziskus in einer Szene aus Wim Wenders’ Dokumentarfilm.

Foto: dpa/---

Wim Wenders’ Papst-Porträt „Franziskus – Ein Mann seines Wortes“ startet morgen im Saarbrücker Filmhaus. Im Interview erklärt der Regisseur, was Papst Franziskus und dessen Namenspatron ihm bedeuten – und weshalb er einmal Priester werden wollte.

Hätten Sie sich je vorstellen können, einen Papst als sozialen oder ökologischen Revolutionär darzustellen?

WENDERS Nein, in den kühnsten Träumen nicht: Weder einen Film über einen Papst zu machen, noch über einen solchen Papst.

Der Vatikan hat Sie angefragt. Wie kam Ihre Zusage zustande?

WENDERS Das ergab sich aus dem Gespräch mit dem damaligen Kommunikationschef des Vatikan, der von Kino viel versteht. Es gab keinerlei Vorgaben, weder über die Art von Film noch über das Konzept. Auch die Produktion sollte unabhängig sein, anders hätte ich das auch nicht machen können. Im Französischen spricht man von einer „carte blanche“. Das hat mich gereizt. Ich konnte den Film mit derselben Freiheit machen wie jeden anderen meiner Dokumentarfilme vorher.

Sie wollten kein Film über, sondern mit Franziskus drehen. Wo war der Wendepunkt von der distanzierten Biographie zum „Bekenntnis“ zu Franziskus?

WENDERS Es gibt viele Filme über Papst Franziskus. Wenn ich schon einmal die Chance hatte, ihm so nahe zu sein und Fragen zu stellen, wäre ein rein biografischer Film eine vertane Chance gewesen. Die „Einladung“ kam am Ende seiner ersten Amtsjahres, aber ich konnte erst im dritten Jahr seines Pontifikats mit der Arbeit anfangen.

Seit wann haben Sie sich mit Franziskus beschäftigt?

WENDERS Ich erinnere mich noch genau an den Tag seiner Wahl. Endlich haben sich neun Jahren Latein mal ausgezahlt! Ich verstand schon bei der lateinischen Bekanntgabe seinen Namen, noch bevor ich ihn als Person sah, dass er als Papst den Namen Franziskus angenommen hatte – und ich war beeindruckt. Ich dachte: Der Mann hat Mut! Wenn er sich diesen Namen zutraut, können wir einiges erwarten. Das darf sich jemand nur trauen, wenn er dann auch „Butter bei die Fische gibt“.

Was verbinden Sie mit dem heiligen Franziskus aus Assisi?

WENDERS Er ist eine großartige Gestalt, nicht nur in der Kirchengeschichte. Ein Held der Menschheit, finde ich. Am meisten beeindruckt sein visionäres Verhältnis zur Schöpfung, zur Natur, zu „Schwester Mutter Erde“, wie er unseren Planeten selber nannte. Dass wir unser Verhältnis zur Natur, zu „unserem gemeinsamen Haus“ grundlegend ändern müssen, ist auch ein Hauptanliegen von Papst Franziskus.

Was hat Sie persönlich an „Papst Bergoglio“ beeindruckt?

WENDERS Die Herzlichkeit und die unmittelbare, selbstverständliche Haltung gegenüber allen Menschen. Das war schon sichtbar, wie er sich dem Filmteam gegenüber verhalten hat. Er hat Jedem am Set mit Handschlag begrüßt, einschließlich Bühnenarbeiter und Beleuchter, und sich von jedem persönlich verabschiedet.

Wie der US-Regisseur Martin Scorsese haben Sie in jungen Jahren darüber nachgedacht, katholischer Priester zu werden. Was war damals die Motivation?

WENDERS Auch mein Vater hatte das lange erwogen, ist dann aber Mediziner geworden. Er hat mir ein Christentum vorgelebt. Ich bin in der katholischen Kirche aufgewachsen und kannte einige sehr beeindruckende Geistliche. Damit war es für mich eine durchaus ernste Option, Priester zu werden. Ich entschied mich dann für die Medizin, bis ich merkte, dass das nicht meines war.

Hat das Erleben der Liturgie, die Inszenierung sakraler Handlungen, Ihr künstlerisches Schaffen mitgeprägt wie etwa bei Regisseur Federico Fellini oder Schriftsteller James Joyce?

WENDERS Man ist durch nichts mehr geformt als durch diese ersten Lebensjahre, und ich komme aus einem sehr gläubigen Elternhaus. Die katholische Liturgie habe ich sozusagen „in meinem System“.

   Wim Wenders (72), Regisseur, Dokumentarfilmer und Fan des aktuellen Papstes.

Wim Wenders (72), Regisseur, Dokumentarfilmer und Fan des aktuellen Papstes.

Foto: dpa/Frederick Injimbert

Was diese Berufe verbindet, ist das Interesse am Menschen. Auch Ihre Filme befassen sich mit Menschen in existenziellen Situationen...

WENDERS Wenn man sich nicht ernsthaft für den Menschen interessiert, wenn man keine Liebe zu Menschen hat, kann man diese Berufe nicht ergreifen, auch den des Filmemachens nicht. Ich bin in der Nachkriegszeit aufgewachsen. Alle waren am Boden, auch meine Eltern, und so waren alle miteinander solidarisch. Es gab ein schönes und selbstverständliches Miteinander. Vielleicht habe ich da als kleiner Junge etwas Utopisches kennengelernt, eine Sehnsucht, die mich geprägt hat, so dass mein Tun eine soziale Relevanz besitzt.

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