Star Wars Hollywood – das böseste Imperium von allen

Saarbrücken · Eine Biografie erzählt von „Star Wars“-Vater George Lucas und dem, was ihn lebenslang umtreibt: der Wunsch nach Unabhängigkeit.

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Foto: Edel Books

Was ist er nun? Ein visionärer Filmemacher, der stets um künstlerische Unabhängigkeit gekämpft hat, Technologien vorantrieb  und ohne den die Populärkultur heute ganz anders aussähe? Oder ein Geschäftsmann, der das filmbegleitende Nippes-Merchandising ins Extrem trieb, am Ende als Regisseur der größte Feind seiner eigenen Kreation wurde und schließlich von seinen „Star Wars“-Nachlassverwaltern (Disney) weitgehend ignoriert wird?

Regisseur, Produzent und Drehbuchautor George Lucas ist als Person und als Künstler schwer zu fassen. US-Autor Brian Jay Jones hat es in einer 500 Seiten starken Biografie versucht – das Ergebnis ist eine aufregende Geschichte, auch für jene, die mit „Star Wars“ oder dem Archäologie-Abenteurer Indiana Jones nichts anfangen können. Es geht, ein bisschen wie bei „Star Wars“ um Rebellion, Unabhängkeit und  den Kampf gegen ein böses Imperium (Hollywood, zumindest in Lucas’ Augen). Das quellen- und zitatreiche Buch erzählt vom Sohn eines kleinstädtischen Schreibwarenhändlers, der sich ebenso für Rennsport wie für Philosophie und das Kino interessiert, Filmseminare besucht und inmitten der „New Hollywood“-Aufbruchstimmung experimentelle Kurzfilme dreht; dabei will er vor allem eines – die völlige künstlerische Kontrolle über sein Werk. Völlig verständlich, aber in Hollywoods Studiosystem kaum zu haben. Die schwierige Produktionsgeschichte seines ersten Langfilms „THX 1138“ (1971) zementiert, ja betoniert sein Misstrauen gegen Hollywood: Das düstere Zukunftsszenario gefällt den Geldgebern nicht, sie schneiden am Film des machtlosen Lucas herum, ebenso am Nachfolgefilm „American Graffiti“ (1973). Das verwandelte Lucas’ „Zynismus in echten Hass auf Hollywood“, wie Jones schreibt. Immerhin: „Graffiti“ ist erfolgreich und ermöglicht die Produktion eines kleinen Weltraum-Films, an den kaum jemand glaubt: „Krieg der Sterne“ (1977). Der Rest ist bekannt.

Millionen verdient Lucas mit dem Film, nicht zuletzt mit den Lizenzen für Spielzeug und Nippes – er nennt es im Buch „das Geschäft mit dem Zeugs“. Damit will er sein Film-Imperium abseits Hollywoods finanzieren. Doch unerschöpflich sind die Ressourcen nicht, so dass ein Misserfolg der Fortsetzung „Das Imperium schlägt zurück“ (1980) alle Pläne zerschlagen hätte und damit auch Lucas Allerheiligstes: Unabhängigkeit. Diesen Film, für viele der beste der Reihe,  inszeniert Lucas schon nicht mehr selbst, denn der Regisseur mag Regieführen nicht sonderlich.

Mit den mittlerweile vier Filmen um den peitschenschwingenden Archäologen Indiana Jones (Harrison Ford), inszeniert von Steven Spielberg, festigt Lucas sein Lucasfilm-Imperium, das auch etwa durch den  legendären Flop „Howard – Ein tierischer Held“ nicht mehr ins Wanken zu bringen ist. Unter „Star Wars“-Fans umstritten ist die zweite Trilogie (1999-2005), die Lucas inszeniert und der man anmerkt, dass der Austausch mit Schauspielern nicht zu seinen Lieblingsaufgaben gehört – im Gegensatz etwa zum Basteln an neuer Filmtechnologie.

Heute ist Lucas 73 und Milliardär: 2012 hat er Lucasfilm für vier Milliarden Dollar an den Disney-Konzern verkauft, der den Markt mit neuen „Star Wars“-Minireihen und Einzelfilmen bedient. Dass Disney dabei kein Interesse an Tipps des Ur-Vaters hat, gefällt Lucas nicht. Ganz loszulassen oder abzuschließen fällt ihm, der immer um die letzte Kontrolle kämpfte, verständlicherweise besonders schwer. 

Brian Jay Jones: George Lucas - die Biografie. Edel Books, 480 S., 24,95 Euro.

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