Gesucht: Einer, der so sein soll wie Milton

Saarbrücken · Dirigent Nicholas Milton verlässt das Saarbrücker Theater. Neu-Intendant Bodo Busse macht die Nachfolger-Suche zur Chefsache.

 Dirigent Nicholas Milton bleibt nur noch eine Saison am Saarländischen Staatstheater. „Aus familiären Gründen“ verlängert der Australier seinen Vertrag nicht. Foto: Stage Picture

Dirigent Nicholas Milton bleibt nur noch eine Saison am Saarländischen Staatstheater. „Aus familiären Gründen“ verlängert der Australier seinen Vertrag nicht. Foto: Stage Picture

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Es wird dann doch kein halbwegs fließender Übergang, sondern ein Einschnitt, und zwar ein merklicher. Verlässt Intendantin Dagmar Schlingmann Ende dieser Saison das Saarbrücker Theater, muss Nachfolger Bodo Busse nun doch mit nahezu komplett neuer Leitungscrew starten. Allein Choreograph Stijn Celis, der bis 2021 unterschrieben hat (wir berichteten), steht dann noch für künstlerische Kontinuität in der Chefetage. Aus "familiären Gründen", ließ Dirigent Nicholas Milton gestern mitteilen, werde er seinen Vertrag als Generalmusikdirektor (GMD) des Staatsorchesters nicht verlängern. Mehr wollte er dazu nicht sagen.

Sicher aber war es, das hört man, kein ad-hoc-Entschluss. Obwohl es dann doch überraschend kam. Selbst Bodo Busse, von Sommer an Intendant des Staatstheaters, erfuhr erst vor wenigen Tagen davon. "Ich hätte gerne mit Nicholas Milton weitergearbeitet!", betont Busse. Und setzt nochmal ein Ausrufezeichen hintendran.

Nun aber ist klar: Der australische Dirigent erfüllt seinen Vierjahres-Vertrag. Bis Ende der Saison 2017/2018 bleibt Milton, Jahrgang 1967, der Saarbrücker Bühne erhalten. Aber dann geht er. Wohin? Mit welchen Zielen? Bislang unbeantwortete Fragen. Festzuhalten ist: Milton, der 2014 mit enormem Enthusiasmus loslegte, hatte sich fix akklimatisiert, wurde zum Publikums-Darling. Da war auch eine 180-Grad-Wende am Pult des Staatsorchesters zu beobachten. Miltons flüchtigen Vorgänger, Toshiyuki Kamioka, hielt es nämlich selten nach Konzerten oder Operndirigaten in Saarbrücken. "Nick" Milton hingegen ist stets auch der beste Conférencier seiner Konzerte und ein hier präsenter Orchesterchef.

Der zudem auch einiges neu machte. Nach Anregungen seiner Musiker führte er die "Wunschkonzerte" ein - ein Publikumsrenner. Und gemeinsam mit Orchestermanager Stefan Eschelbach initiierte er die Reihe "Inspiration" in der Feuerwache, man widmete sich intensiv zudem zeitgenössischen Komponisten; Jörg Widmann und Christian Lindberg beispielsweise. Diese Zugewandtheit kam an - im Orchester wie beim Publikum. Mit Milton stieg auch die Konzertauslastung wieder. Nicht in den Himmel, aber erkennbar.

Keine Frage: Der aktuelle GMD wäre der Mann gewesen, der im kommenden Sturm der Veränderungen an der Saarbrücker Bühne Anker hätte sein können. Demnächst-Intendant Busse kalkulierte jedenfalls fest mit ihm: "Wir hatten auch über Spielzeiten nach 2018 gesprochen, gemeinsam Pläne gemacht." Doch Busse respektiert natürlich die Entscheidung: "Man ist ja nicht nur GMD, es gibt auch ein Privatleben."

Noch ist Miltons Entschluss zu frisch, als dass man die offizielle Suche nach einem Nachfolger eingeläutet hätte, heißt es aus dem Kulturministerium. Für Busse aber, selbst ausgewiesener Musiktheatermann, hat "die neue Baustelle höchste Priorität. Das wird jetzt Chefsache." Bis Anfang kommenden Jahres möchte er Klarheit haben, wer künftig an der Spitze des Orchesters steht. Sicher sei jedoch, dass es beim klassischen GMD-Zuschnitt bleibt. Von Spar-Modellen anderer Häuser, die ohne einen echten Orchesterchef operieren, hält Busse nichts: "Ein Klangkörper wie das Staatsorchester braucht eine Integrationsfigur." Womit aus seiner Sicht auch schon das Anforderungsprofil für die oder den Nächsten benannt ist. Im Grunde einer wie Milton, der musikalisch überzeugt, Programm, Besetzungen und Personal im Blick hat - und auch noch fürs Publikum da ist. Nur, dass "Nick" es leider nicht mehr machen wird.

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