„German Grusel“ auf dem Weg nach Rom

Saarbrücken · Zwei exzellente Blu-ray-Neuerscheinungen führen in die schaurig schöne Welt von Edgar Wallace.

Sie sind nicht totzukriegen. Viele betagte Werke des deutschen Films sind ja der Vergessenheit anheim gefallen - aber die Edgar-Wallace-Filme feiern im Heimkino immer wieder fröhliche Auferstehung. Zwischen 1959 und 1972 waren über 30 Produktionen entstanden, in denen eine seltsame Gräfin, der Hexer, der Zinker und der Frosch mit der Maske durch ein meist schwarzweißes Kunst-London schlichen, mit dem Hund von Blackwood Castle an der hoffentlich kurzen Leine. Nachdem alle Filme auf DVD zu haben waren, erscheinen sie nun peu à peu in HD auf Blu-ray. Eine erste Edition kam 2016 heraus, nun sind drei weitere Filme in einer Box zu haben: "Der Fälscher von London", "Das Gasthaus an der Themse" und "Der Zinker". Außer Trailern gibt es keine Extras; aber die Bildqualität ist glorios: So plastisch hat Kunstnebel noch nie gewabert, so messerscharf gezogen hat man Blacky Fuchsbergers Scheitel nie gesehen (Anbieter: Universum Film).

Die Reihe hat sich über die Jahre verändert: von recht biederen Filmen hin zu knalligen Krimis mit grotesken Einfällen, Ironie und einem gewissen Sadismus. Doch Ende der 60er Jahre war die Luft raus, weswegen Produzent Horst Wendlandt begann, mit Italien zu koproduzieren: um das Budget zu teilen und einen zusätzlichen Markt aufzutun. Doch dieser Traum war rasch ausgeträumt, die Reihe endete 1972 mit "Das Geheimnis der grünen Stecknadel" von Massimo Dallamano. Der Film erscheint nun in einer mustergültigen Blu-ray-Edition, zurecht.

Schon die Veröffentlichungsgeschichte ist interessant: In seinen Herkunftsländern lief der Film in unterschiedlichen Fassungen (beide hier enthalten): in Deutschland etwas kürzer, mit dem Star Fuchsberger (als Inspektor) an der Spitze des Vorspanns, zudem mit dem akustischen "Hallo, hier spricht Edgar Wallace"-Erkennungssignal; das fehlt in der italienischen Version, die etwas länger und brutaler ist sowie ihren Star Fabio Testi (als Lehrer unter Mordverdacht) an die Spitze stellt.

Das mögen nur Details für Fans sein; aber der Film selbst, um eine Mordserie in einem Mädchenpensionat, ist spannend und dabei manchmal fast Anti-Wallace (trotz Fuchsberger und Karin Baal als Darsteller): London ist nicht nebelverhangen, sondern sonnendurchflutet, statt Peter Thomas untermalt Ennio Morricone. Da bewegt sich der Film eher auf dem Feld des italienischen Krimis der 70er Jahre, aufgeheizt mit Albtraum-Logik und Erotik. Und so verabschiedet sich diese urdeutsche Reihe ziemlich italienisch.

Extras: Booklet, Interviews und die einstündige Wallace-Doku "German Grusel".

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