Fantasy-Autorengipfel in Dillingen Gegen „Erdbööööör“ hilft Köttbullar

Dillingen/Diefflen · Markus Heitz und Christoph Marzi lasen und frotzelten beim Literaturfestival „erLesen“.

 Der Homburger Markus Heitz (l.), Deutschlands derzeit erfolgreichster Fantasy-Autor, und Kollege Christoph Marzi, Wahlsaarländer aus der Eifel.

Der Homburger Markus Heitz (l.), Deutschlands derzeit erfolgreichster Fantasy-Autor, und Kollege Christoph Marzi, Wahlsaarländer aus der Eifel.

Foto: Kerstin Krämer

Keine Elfen, keine Zwerge, nirgends. Nur mutierte Biber, Erdbeerglibber und abgemurkste Ritter. Außerdem eine Percutorin, was im Spanischen eine Schlagbohrmaschine wäre, hier aber eine Art Polizistin meint, die es mit literweise Mayo, Ketchup und Körperflüssigkeiten zu tun kriegt. Desweiteren ein Affe, ein Löwe, ein Elefant und ein ganz unparadiesisch kastrierter Adam. Eine zugegeben fantastische Mischung, aber bis auf unterirdische Höhlen, eine Hüterin des Schlüssels und ein geheimnisvolles Klopfen an der Tür nicht gerade das, was man bei einer Fantasy-Lesung erwartet.

Überhaupt fiel der lange ausverkaufte Abend aus dem Genre-typischen Raster und ließ einen nicht gebannt in frühere, spätere oder parallele Welten abtauchen. Markus Heitz und Christoph Marzi, beide Großmeister der Phantastik mit dem Selbstbekenntnis „Wir waren als Kinder schon seltsam“, neigten am Freitag bei ihrem gemeinsamen Auftritt im Rahmen des Literaturfestivals „erLesen“ vielmehr zum albernen Frotzeln. Auch las keiner von beiden, was er laut Programm hätte lesen sollen: Marzi stellte nicht sein Buch „Mitternacht“ vor. Schlicht weil es immer noch nicht fertig ist, und präsentierte stattdessen morbid-komische Kurzgeschichten. Heitz passte sich an, verzichtete auf die Vorstellung seines aktuellen Werks „Die Klinge des Schicksals“ und gab Ausblicke auf sein neues interaktives Literaturprojekt „Doors“. Dabei kalauerten die zwei miteinander um die Wette und beantworteten hinterher mit Engelsgeduld Fragen aus Kindermund. Denn auch sehr junges Publikum tummelte sich im „Drachenwinkel“, wo, Nomen est Omen, etliche Drachen herum dräuen – wenn auch nur als handliche Statuen, zu Kerzenhaltern degradiert.

Der Drachenwinkel in Diefflen ist das Mekka der regionalen Fantasy-Szene. Neben regelmäßigen Autoren-Lesungen bietet diese etwas andere Buchhandlung neben einer großen Auswahl fantastischer Literatur alles, was das Tintenherz begehrt: einschlägige Deko-Artikel, Schmuck und Spielwaren sowie Met, Schmuck, Trinkhörner und sonstige Devotionalien. Und an der Wand hängen zig Spiegel, die für Eingeweihte wahrscheinlich das Tor zu einer okkulten Welt sind. Ehrensache, dass bei dem „lustigen Leseabend“ die schwere Süße von Räucherstäbchen durch den Raum waberte, ein Gerstentrunk namens Odin ausgeschenkt wurde und man vielen schwarz gekleideten Frauen mit sehr dunklem Lippenstift begegnete.

Finaler und burlesker Höhepunkt (womit zumindest eine Ankündigung tatsächlich eingelöst wurde) war der Vortrag des Gemeinschafts-Opus „Erdbööööör“ von Marzi und Heitz, das aus einem Schlagabtausch via Twitter entstand und von den kulinarischen Fährnissen eines bekannten schwedischen Einrichtungshauses fabuliert. Die fatalen Folgen seien, so geht die Mär, nur mit silbernen Köttbullar zu bekämpfen.

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