Saarbrücker Max-Ophüls-Filmfestival „Eine Konsequenz, die manchmal wehtut“

Saarbrücken · Das Programm, die Prominenz und die Rahmen-Veranstaltungen: Was das kommende 39. Saarbrücker Max-Ophüls-Filmfestival bietet.

 Ein herausragender Eröffnungsfilm: „Der Hauptmann“ von Robert Schwentke erzählt in eindringlichen Schwarzweißbildern und mit einiger Härte von einem Deserteur (Max Hubacher, Mitte), der auf der Flucht eine Offiziers-Uniform findet und anzieht. Schnell schließen sich ihm andere Soldaten an (Milan Peschel, links, und Frederick Lau). Was als Köpenickiade beginnt, steigert sich in einen Albtraum aus menschlicher Grausamkeit. 

Ein herausragender Eröffnungsfilm: „Der Hauptmann“ von Robert Schwentke erzählt in eindringlichen Schwarzweißbildern und mit einiger Härte von einem Deserteur (Max Hubacher, Mitte), der auf der Flucht eine Offiziers-Uniform findet und anzieht. Schnell schließen sich ihm andere Soldaten an (Milan Peschel, links, und Frederick Lau). Was als Köpenickiade beginnt, steigert sich in einen Albtraum aus menschlicher Grausamkeit. 

Foto: Julia M. Müller / Weltkino/Julia M. Müller

Das hört man gern. Einen „kraftvollen Jahrgang“ verspricht Programmleiter Oliver Baumgarten für das nächste, 39. Filmfestival Max Ophüls Preis. Es ist das zweite der künstlerischen Leiterin Svenja Böttger – gestern stellten sie, Baumgarten und Saarbrückens Kulturdezernent (und Ophüls-Geschäftsführer) Thomas Brück (Grüne) das Programm vor. Insgesamt laufen zwischen dem 22. und 28. Januar bei 246 Vorstellungen 147 Filme, 62 davon in den vier Wettbewerben: Spielfilm (16), Dokumentation (12), Kurz- (20) und Mittellanger Film (14), ausgestattet mit einem Preisgeld von insgesamt 113 500 Euro – wobei die Darstellerpreise ab diesem Jahr nicht mehr nach Unterscheidung Frau/Mann vergeben werden, sonden nach Haupt- und Nebenrolle.

Was kann man erwarten, formal und inhaltlich? „Filme, die sich nicht wegducken“, sagt Programmleiter Baumgarten, sondern ihre Geschichten „mit einer Konsequenz erzählen, die manchmal wehtut“ – etwa im Spielfilm „Reise nach Jerusalem“, der die Armutsspirale einer Frau (Eva Löbau) begleitet. Drastisch seien viele Filme, ob nun in ihrer Körperlichkeit oder in der Darstellung von Gewalt. Nicht als Selbstzweck, sondern als Symbol eines Gesellschaftszustands – zum Beispiel im Luxemburger Spielfilm „Gutland“, in dem es sehr rau zugeht. „Intensiv und kraftvoll“ sei das Programm; nach Ansicht zumindest einiger Wettbewerbsfilme muss man zustimmen.

Einige Prominenz reist an: neben Ehrengast Mario Adorf und Ehrenpreisträgerin Doris Dörrie (wir haben berichtet) etwa Bjarne Mädel („Tatort­reiniger“, „Mord mit Aussicht“), Maria Furtwängler, Frederick Lau (gleich mit zwei Filmen) und die Luxemburgerin Vicky Krieps, die an der Schwelle einer großen internationalen Karriere steht: Sie spielt in  Paul Thomas Andersons Film „Der seidene Faden“ eine Hauptrolle neben Daniel Day-Lewis – und ist famos im erwähnten Film „Gutland“. Auch Marcel Ophüls, oscarprämierter Sohn des Festival-Namensgebers Max, ist wieder in Saarbrücken: Der 90-Jährige zeigt seinen Film „Hundert Jahre ohne Krieg – Das Münchner Abkommen von 1938“ von 1967.

Was bietet das Festival sonst, etwa in der Reihe MOP-Watchlist? Regisseur, Schauspieler, Autor und Produzent RP Kahl zeigt „A thought of Ecstasy“, eine Reise durch das überhitzte Kalifornien 2019, auf der Suche nach der Liebe an sich. Die Regisseure Julian Amershi und Martin Rieck, dessen Doku „Das Leben nach dem  Tod am Meer“ 2015 im Wettbewerb lief, haben für „Der Motivationstrainer“ den Selbstoptimierungs-Guru Jürgen Höller anderthalb Jahre begleitet. Und Vor-allem-Schauspieler Charly Hübner hat zusammen mit Sebastian Schultz eine Dokumentation gedreht: „Wildes Herz“, über die Punkband „Feine Sahne Fischfilet“ und die aktuelle Situation von deren Heimat Mecklenburg.

Die Reihe „MOP-Visionen“, eine Neuerung des vorigen Jahres, widmet sich diesmal Internet-Serien, laut Leiterin Böttger „eine Spielwiese für Filmemacher, die sie sonst nicht haben“. Sie erzählen in kurzen Episoden von Zombies im Ruhrgebiet („Discocalypse“), WGs („Lampenfieber“ und „Just push Abuba“) und lähmender Kleinstadtspießigkeit („Scheiße war schon immer braun“).

In der Reihe „MOP-Archiv“ gibt es ein Wiedersehen mit Veit Helmer und seiner bildgewaltigen Romanze „Tuvalu“, die 2000 in Saarbrücken den Publikumspreis gewann. Und in der Hommage an den Saarbrücker Regisseur Wolfgang Staudte läuft „Rosen für den Staatsanwalt“ (1959).

Der Blick auf europäische Filmhochschulen richtet sich diesmal nach Lodz – eine Werkschau der Jahrgänge 2016 und 2017 ist zu sehen, mit polnischen Real- und Animationsfilmen. „Atelier Luxemburg-Paris“ ist ein deutsch-französisches Weiterbildungsprogramm für europäische Filmhochschulabsolventen. Beim Festival sind unter dem Titel „Un-/Verbunden“ neun Kurzfilm-Arbeiten des Jahres 2017 zu sehen. Auch der „Deutsche Kurzfilmpreis“ macht Station in Saarbrücken mit 13 prämierten Produktionen.

In der Reihe „Saarland Medien präsentiert“ laufen sieben Filme, davon drei Uraufführungen – darunter „Nina, Hagen und die Unwahrscheinlichkeit des Sterbens“, eine Produktion der Hochschule der Bildenden Künste Saar (HBK).

Die Branchentage, diesmal komplett im Ex-C&A-Gebäude beheimatet, bekommen zu ihrem 10. Geburtstag den neudeutsch-schmissigen Namen „MOP-Industry“ und bieten neben Workshops und Kontaktmöglichkeiten für Filmemacher auch Diskussionen: unter anderem über den politischen Dokumentarfilm, die „Filmflut im Kino“ und die „Fallstricken des Produzierens“. Zudem lädt das K8 Institut für strategische Ästhetik der HBK in seinem „K8 Open Lab“ zum Ausprobieren modernster Foto- und Filmtechnik ein.

 Bjarne Mädel, nahezu legendär als „Tatortreiniger“, reist mit dem Film „1000 Arten Regen zu beschreiben“ an.

Bjarne Mädel, nahezu legendär als „Tatortreiniger“, reist mit dem Film „1000 Arten Regen zu beschreiben“ an.

Foto: dpa/Christophe Gateau
 Maria Furtwängler, vor allem für ihre „Tatort“-Rolle bekannt, kommt nach Saarbrücken.

Maria Furtwängler, vor allem für ihre „Tatort“-Rolle bekannt, kommt nach Saarbrücken.

Foto: dpa/Malte Christians

Der Etat des Festivals, um eine Million Euro, ist derweil stabil – Geschäftsführer Brück sagte gestern, das werde auch so bleiben. (Zudem steht 2019 das 40. Jubiläum an.)  Leiterin Böttger ließ auf Nachfrage durchblicken, dass das Finden von Sponsorengeldern  immer schwieriger wird. „Die Kultur kommt immer am Schluss, die meisten Gelder fließen in den Sport“, sagte sie. „Umso mehr freue ich mich über unsere Förderer, die schon lange dabei sein – sie wissen, was sie an uns haben.“

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