Hörspiel in der Sparte4 Die wahren Zombies  sind die Konsumgesättigten

Saarbrücken · Theater-Zombieserie „Nekropolis“: Mit viel schwarzem Humor ist das Hörspiel „Bite Club reloaded“ in der Sparte 4 inszeniert.

 Barbara Krzoska (l.), Juliane Lang, Thorsten Loeb.

Barbara Krzoska (l.), Juliane Lang, Thorsten Loeb.

Foto: Martin Kaufhold

Wer mag wohl der ältere Herr in der Sparte4 sein? Bestattungsunternehmer? Pathologe? Auf jeden Fall jemand, der von Berufs wegen mit dem Tod zu tun hat? Wer sonst würde sich in ein Live-Hörspiel verirren, das mutmaßlich eher jüngere Zuschauer anzieht? Jene Generation, die mit morbider Begeisterung „The walking dead“ und anderes einschlägiges Serien- und Filmmaterial über marodierende blutrünstige Untote konsumiert?

Man hat also trashige Splattermovies im Kopfkino und geht mit einer gewissen beklommenen Erwartungshaltung in die Uraufführung von „Bite Club Reloaded“, um erleichtert festzustellen: So schlimm ist es gar nicht. Obwohl Regisseur Eike Hannemann (Bühne, Kostüme: Philipp Weigand), den das hiesige Schauspiel-Publikum von seinem Live-Hörspiel „Winnetou“ in der Alten Feuerwache kennt, für diese speziell auf Saarbrücken zugeschnittene Premiere im Rahmen der urbanen Theater-Zombieserie „Nekropolis – Die Stadt gehört uns!“ (Autorin: Anita Augustin) natürlich mit den gängigen Versatzstücken des Genres spielt: Kettensägen, Messer, Heavy Metal und kreischende Frauen, die den Rand des Nervenzusammenbruchs deutlich überschritten haben. Das tut er aber mit einer so offensichtlichen Lust am Klischee, mit einem so schwarzen Humor und so hemmungslos auf die Spitze getriebenen Albernheiten, dass es einfach zum Piepen ist.

Gebissen wird selbstverständlich auch – und wie! Schließlich hat der wunderlich bleiche und unter dubiosen Umständen gezeugte Knabe Rupert, der obendrein einer inzestuösen Beziehung mit seiner nicht weniger sonderbaren Mutter frönt, sich über Jahre hinweg von allem möglichen Getier genüsslich beißen lassen, um sich selbst zu immunisieren und die Menschheit mit einer mutierten Form der Tollwut zu infizieren. Auf dass sie untot zu neuem Bewusstsein gelange – denn die wahren lebenden Toten, so die Moral von der Geschicht, sind die Konsumübersättigten, die sich in ihrer tumben Zufriedenheit eingerichtet haben. Als des Menschen Wolf hegt Rupert also quasi heilsbringende Absichten, denen man hier – und damit kommen wir zur Rahmenhandlung – beim Piratensender Radio Paranoia durch alarmierende Anrufe vermeintlich wahnsinniger Hörer und mithilfe rückblendender Interviews auf die Schliche kommt.

Klar: Die Story um eine deutschnationale Hausfrau mit Kontakt zu Außerirdischen, krebserregenden Dibbelabbes, eine wild gewordene Veterinärin und beunruhigende Vorfälle im Winterbergklinikum ist völlig bekloppt. Aber wie all die Personen und Handlungsstränge miteinander verzahnt sind, wie akustische und szenische Inszenierung ineinander greifen und mit welcher wandlungsfähigen Spiellust Barbara Krzoska, Juliane Lang und Thorsten Loeb in die verschiedenen Rollen schlüpfen und gleichzeitig als virtuose Hörspielmacher fuhrwerken, das macht richtig Laune.

Termine: 20./24./28. Jan.; 23.2., 29./31. März. Karten: Tel. (06 81) 30 92 486.

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