Die hohe Kunst der Untertöne

Saarbrücken · Anne Weber, Übersetzerin und Autorin, hat unter anderem Werke von Wilhelm Genazino ins Französische übertragen. Da war es nur folgerichtig, dass sie ihn zur Verleihung des Helmlé-Übersetzerpreises mit nach Saarbrücken und zu einer Lesung bat.

 Anne Weber und Wilhelm Genazino bei ihrer Lesung. Foto: Oliver Dietze

Anne Weber und Wilhelm Genazino bei ihrer Lesung. Foto: Oliver Dietze

Foto: Oliver Dietze

Mehrere Übersetzerpreise hat Anne Weber bereits erhalten - doch der Eugen-Helmlé-Preis, der ihr am Mittwoch im Konferenzgebäude des Saarländischen Rundfunks verliehen wurde, ist für sie etwas ganz Anderes. "Die anderen Auszeichnungen beriefen sich auf Übersetzungen vom Französischen ins Deutsche", erklärte sie. "Jetzt wird erstmals meine zusätzliche Anstrengung für den umgekehrten Weg gewürdigt." Denn Französisch ist für Anne Weber keine Muttersprache - das hat die Jury tief beeindruckt.

Geboren wurde Weber 1964 in Offenbach, zum Studium zog es sie nach Paris, wo sie bis heute lebt. Sie hat an der Sorbonne französische und vergleichende Literaturwissenschaften studiert und ist selbst auch Autorin. 2015 erschien ihr Roman "Ahnen. Ein Zeitreisetagebuch".

Zum Übersetzen kam Weber dadurch, "dass es mir einmal jemand zugetraut hat". Seither ist das Spiel mit den Sprachen für sie eine große Leidenschaft - reich werde man dabei allerdings nicht, sagte sie. Umso glücklicher war sie über die "nachträgliche Honorierung": die 10 000 Euro, mit denen der Helmlé-Preis dotiert ist. Verliehen wird er von der Stiftung des Verbandes der Metall- und Elektroindustrie des Saarlandes (ME Saar), dem SR und der Stadt Sulzbach. Er soll an den 2000 verstorbenen Sulzbacher Übersetzer Eugen Helmlé erinnern, der zahlreiche Werke aus dem Französischen und Spanischen übersetzt hat. Außerdem will man die Leistung der Übersetzer generell würdigen. "Sie erfahren bei Weitem nicht die Wertschätzung, die sie verdienten. Das können wir nicht ändern, aber wir können ein Zeichen setzen", sagte Oswald Bubel, Vorstandsvorsitzender der Stiftung ME Saar. Es sprachen auch der SR-Programmdirektor Lutz Semmelrogge und der Sulzbacher Bürgermeister Michael Adam (CDU). Sie alle betonten den Wert der Übersetzung, die die Grundlage bilde für Verständnis zwischen den Kulturen. Die Laudatio hielt der französische Autor und Übersetzer Gilles Ortlieb.

Anne Weber, so war immer wieder zu hören, bediene sich der französischen Sprache fast wie einer Muttersprache und übertrage mit äußerster Behutsamkeit auch feinste Untertöne. Bei den Büchern von Wilhelm Genazino gelang es ihr so, dessen sanften, fast wehmütigen Humor zu übertragen, wovon sich das Publikum im vollen Konferenzsaal selbst überzeugen konnte. Denn der Mannheimer Schriftsteller und die Preisträgerin gaben gemeinsam eine kurze Lesung. Weber las dabei selbstverständlich ihre Übersetzung - mit ansteckender Freude an jedem Wort.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort