Was bleibt vom 71. Festival in Cannes? Den Schwachen eine Stimme geben – Cannes ehrt starke Filme

Cannes · Der Abend begann mit einer Kampfansage. Die italienische Schauspielerin Asia Argento trat am Samstag bei der Preisverleihung der Filmfestspiele in Cannes zu Beginn auf die Bühne. „1997 wurde ich von Harvey Weinstein hier in Cannes vergewaltigt“, sagte die 42-Jährige. „Dies war sein Jagdgebiet.“ Im Saal herrscht Stille. Noch „heute Abend sitzen welche unter uns, die noch zur Verantwortung gezogen werden müssen. (...) Ihr wisst, wer ihr seid. Aber am Wichtigsten ist, dass wir wissen, wer ihr seid. Wir lassen euch nicht davonkommen“, ergänzte sie und erntete dafür auf der Gala euphorischen Beifall. Neu waren ihre Vorwürfe nicht und doch sollten sie der Auftakt für eine Preisverleihung sein, bei der die Stimmen der Frauen, Außenseiter und Schwachen gehört wurden.

 Regisseur  Spike Lee, dessen Film „BlackKklansman“ in Cannes prämiert wurde.

Regisseur Spike Lee, dessen Film „BlackKklansman“ in Cannes prämiert wurde.

Foto: dpa/Chen Yichen

Der Abend begann mit einer Kampfansage. Die italienische Schauspielerin Asia Argento trat am Samstag bei der Preisverleihung der Filmfestspiele in Cannes zu Beginn auf die Bühne. „1997 wurde ich von Harvey Weinstein hier in Cannes vergewaltigt“, sagte die 42-Jährige. „Dies war sein Jagdgebiet.“ Im Saal herrscht Stille. Noch „heute Abend sitzen welche unter uns, die noch zur Verantwortung gezogen werden müssen. (...) Ihr wisst, wer ihr seid. Aber am Wichtigsten ist, dass wir wissen, wer ihr seid. Wir lassen euch nicht davonkommen“, ergänzte sie und erntete dafür auf der Gala euphorischen Beifall. Neu waren ihre Vorwürfe nicht und doch sollten sie der Auftakt für eine Preisverleihung sein, bei der die Stimmen der Frauen, Außenseiter und Schwachen gehört wurden.

Bestes Beispiel ist die Goldene Palme an den Japaner Kore-Eda Hirokazu für seinen Film „Shoplifters“. Er erzählt von einer Patchwork-Familie am Rand der Gesellschaft. Der 55-Jährige inszeniert sein Werk zwar nicht als politisches Statement, wird aber durch seine subtile Sozialkritik doch zu einem Plädoyer für mehr Toleranz und Zusammenhalt. Deutlich klarer wurde der US-Amerikaner Spike Lee mit seinem Beitrag „BlacKkKlansman“. Der basiert auf einer wahren Geschichte: Ende der 70er Jahre schleusten sich ein schwarzer und ein jüdischer Polizist beim rassistischen Ku-Klux-Klan ein. Lee zieht dabei eindeutige Parallelen zur aktuellen US-Politik  – die Jury würdigte seine Leistung mit dem Großen Preis, der zweithöchsten Auszeichnung des Festivals.

Das libanesische Drama „Capernaüm“  erhielt den Preis der Jury. Regisseurin Nadine Labaki stellt darin den zwölfjährigen Zain in den Mittelpunkt, der in einem verwahrlosten Elternhaus aufwächst. Die libanesische Filmemacherin Labaki war zugleich ein Beispiel für die starke Frauenpräsenz bei der Preisvergabe. Auch bei den Preisen für das beste Drehbuch spielten Frauen eine tragende Rolle. Nicht nur, dass die Italienerin Alice Rohrwacher für ihr märchenhaftes Werk „Happy is Lazzaro“ ausgezeichnet wurde.

Ein zweiter Drehbuch-Preis ging an die Iraner Jafar Panahi und Nader Saeivar für „Three faces“. Panahi, der trotz Berufsverbots in seiner Heimat wieder einen Film drehte, fokussiert dabei auf drei Schauspielerinnen unterschiedlicher Generationen, die gegen gesellschaftliche Konventionen ankämpfen. Dieser Kampfgeist bleibt von der 71., seltsam starreduzierten Festivalausgabe in Erinnerung. Der Wettbewerb zeigte fast durchweg gute, teilweise sehr starke Filme – von denen sich viele den vermeintlich Schwachen, aber auch deren Aufbegehren widmeten.

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