Le Carreau Ein „Hamlet“ und gleich acht „Carmen“

Forbach · Morgen läutet das „Le Carreau“ seine neue Spielzeit mit einer großen Eröffnungsfeier ein. Was bietet die nächste Saison an der Forbacher Nationalbühne?

 Juan Ignacio Tula et Stefan Kinsman -

Juan Ignacio Tula et Stefan Kinsman -

Foto: Christophe RAYNAUD DE LAGE/Christophe Raynaud de Lage

„Auf zum Le Carreau!“ ist ein schönes Motto für den morgigen Samstag. Denn dann läutet die Forbacher Nationalbühne die neue Spielzeit ein. Die Besucher erleben diesmal ein besonders umfangreiches Eröffnungsprogramm: Abends ab 20 Uhr zeigt die Compagnie MPTA mit „Santa Madera“ ein Zirkusprogramm, in dem zwei Artisten, der eine aus Costa Rica, der andere aus Argentinien, mit ihren multikulturellen Wurzeln, Ritualen indigener Völker und einem Reifen, so groß wie ein Rhönrad, spielen.

Los geht die Eröffnung jedoch schon um 14 Uhr mit einer Führung durch das Theater (noch einmal um 16 Uhr), die man nicht versäumen sollte. Ab Mai 2019 nämlich wird das schlecht gealterte Gebäude aus den 80ern grundlegend erneuert. Für fünf bis sechs Millionen Euro, wovon zwei Millionen die Stadt Forbach trägt, wollen die Franzosen es modernisieren und dabei auch die Aufteilung und Nutzung der Räume verändern. „Wir sind froh, dass der Umbau endlich starten kann“, sagt Laurence Lang, die Generalsekretärin des Le Carreau. Drei Jahre wird er voraussichtlich dauern und bedeutet, dass der große Theatersaal schon vor dem eigentlichen Saisonende geschlossen wird. Bis dahin erwartet das Publikum noch ein vielversprechendes Jahresprogramm mit 30 Produktionen, das das Team um Direktorin Fabienne Lorong am Samstag erläutern wird.

Zu den Höhepunkten der Saison dürfte wohl „Bouvard et Pécuchet“ (19./20. Dezember) gehören, ein satirisches Meisterwerk von Gustav Flaubert über zwei debile Pariser Büroangestellte und ihr Scheitern auf dem Lande. Mit Star-Regisseur Jérôme Deschamps hat sich ein stilbildender Meister der Komik dieses Romans über die menschliche Dummheit angenommen. Er inszeniert diesen Flaubert fast ohne Worte; die Pariser Presse sprach von einem umwerfenden Vergnügen.

Vom Kaliber einer griechischen Tragödie ist ein zweiter Höhepunkt. Der kanado-libanesische Autor Wajdi Mouawad, Direktor des Théatre de la Colline, schrieb und inszenierte mit „Tous des oiseaux“ (7./8. Februar 2019) eine umjubelte jüdische Familiensaga über den heutigen Konflikt der Religionen und liefert eine Art neue Ringparabel. Auf der Bühne wird in Englisch, Deutsch, Hebräisch und Arabisch gesprochen – jedoch kein Wort Französisch.

Der Basler Regisseur Boris Nikitin kommt mit einem überraschenden „Hamlet“ (14. März 2019). In einer Mischung aus experimenteller Dokumentar-Performance und buntem Musiktheater mit einem Performer nebst Streichquartett benutzt er Shakespeares Geschichte als Folie, um über Identität, Individualität, Wahn und Wirklichkeit nachzudenken.

Im Tanz darf man sich unter anderem auf den grandiosen Choreografen José Montalvo freuen. Er wirft diesmal einen ganz neuen Blick auf Bizets „Carmen(s)“ (4. Dezember) und präsentiert die Revolte der Frauen mit gleich acht Carmen und in seiner unnachahmlichen Mischung aus zeitgenössischem Tanz, Hip-Hop und Video-Großprojektionen, die verblüffende Effekte bewirken.

Die international bekannte Regisseurin und Performancekünstlerin Gisèle Vienne, mit eigener Compagnie inzwischen in Straßburg ansässig, zeigt in „Crowd“ (4. April 2019) eine Gruppe Raver im Tanzrausch. Vienne verlangsamt und stilisiert virtuos ihre Bewegungen und seziert so die Gefühlswelt einer Gesellschaft, die permanent aufs Gaspedal tritt. Die tänzerische Arbeit mit Menschen in Flüchtlingslagern inspirierte den Choreografen Salia Sanou aus Burkina Faso. Sein Stück „Du désir d‘horizon“ (8. März 2019) stellt universelle Fragen zu Einsamkeit, Exil, Zukunft und bietet energiegeladenen Tanz.

Bei drei Projekten ist das Le Carreau Koproduzent: Regisseur Fabrice Murgia aus Belgien erschafft das Bühnenstück „Sylvia“ über die Dichterin Sylvia Plath mit zehn Akteuren, Sängerin, Band und Live-Video (18. Oktober). Aurélie Grandit, Choreografin aus GrandEst, widmet sich in ihrer Uraufführung „Perchée dans les arbres“ (ab 21. November) Spiritualität und Schamanismus aus feministischer Sicht. Regisseurin Julia Vidit wird als Residenzkünstlerin des Le Carreau das Stück „La grande illusion“ (ab 22. März) erarbeiten, mit zwei Profis und 100 Laiendarstellern der Moselle-Est.

 Mehr als eine Carmen auf der Bühne: José Montalvos Choregraphie „Carmen(s)“.

Mehr als eine Carmen auf der Bühne: José Montalvos Choregraphie „Carmen(s)“.

Foto: Patrick Berger
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