„Lizard in my pants“: Saarbrücker HBK-Absolventenausstellung Brummende Betonplatten, singende Flaschen

Saarbrücken · An der HBK Saar wurden am vergangenen Wochenende die Abschlussarbeiten der Absolventen vorgestellt.

 Christiane Wiens Arbeit „Resonanzen – Beton, Sound, Raum“ in der Burbacher 5 KV-Station. 

Christiane Wiens Arbeit „Resonanzen – Beton, Sound, Raum“ in der Burbacher 5 KV-Station. 

Foto: HBK Saar

Die Absolventen der Hochschule der Bildenden Künste Saar haben anstrengende Wochen hinter sich. Nicht nur, dass sie sich eine Abschlussarbeit einfallen lassen mussten, welche die Prüfer überzeugt, sie mussten auch Protokolle schreiben, bohrende Fragen der Lehrenden ertragen und so manche Kritik einstecken. Am Freitagabend wurden endlich die Zeugnisse überreicht. Das vergangene Wochenende war dann geprägt von dem Kontakt zum Publikum, das schauen durfte.

Es ist inzwischen Tradition, dass die Absolventen ihre Arbeiten nicht nur in der Hochschule selbst, sondern an mehreren Orten in der Stadt zeigen. Galerien, öffentlicher Raum und Industriekultur werden zum Spielort. An der HBK präsentierten sich in diesem Jahr vor allem die Kommunikations- und Produktdesigner. Während die wenigen Absolventen der freien Kunst dort eher enttäuschen, überzeugten vor allem die Studierenden der Fachrichtung Media Art & Design mit Filmen, Spielen und Programmen. Wie einige andere Kommilitonen auch hat Jonathan Dawo für seine Masterarbeit viel Mut bewiesen und einen künstlerischen Ansatz gewählt. Er hing Fotos auf transparenten Folien hintereinander in den Raum und beleuchtete sie. „Leider funktionierte das nicht so, wie ich wollte“, erzählt Dawo ein bisschen geknickt. „Wir verbinden Menschen häufig mit Orten und diese Verbindungen wollte ich sichtbar machen und neue ermöglichen.“ Leider ließen aber nur wenige Fotos echte Durchblicke zu und so waren Überlagerungen kaum möglich. Das Scheitern gehört eben manchmal auch zur Kunst.

Deutlich besser funktioniert die Arbeit der angehenden Kunsterzieherin Alexandra Vervoort. Die Tochter der saarländischen Textilkünstlerin Martina Hilgert-Vervoort breitete das Stoff-Archiv ihrer Mutter als bunten „Flickenteppich“ aus. Die sehr persönliche und vielschichtige Arbeit stellt Fragen nach unserer Sammelleidenschaft, nach dem emotionalen und pekuniären Wert von Materialien und nach Ordnung und Zufall. Sie erzählt aber auch die Geschichte einer Familie und breitet ein Künstlerleben auf 50 Quadratmetern aus. Neben Gekauftem finden sich da Vorhänge aus dem Kinderzimmer, Krawatten und alte Schlafanzüge.

Rundum gelungen ist die Ausstellung in der ehemaligen 5kV-Trafostation auf den Saarterrassen. In dem baufälligen Backsteingebäude haben sich sieben Absolventen zusammengetan und unter dem Titel „Lizard in my pants“ einen großartigen Parcours erstellt. Jakob Buraczewski eröffnet den Reigen mit einer tosenden Soundinstallation. Jaeyun Moon zeigt zwei wunderbare von der Linie geprägte Zeichnungen und Shako Berekashvili lässt seine Arbeit von der Leinwand auf die Wände wuchern und entgrenzt sie so. Fatima Neuscheler zeigt die Spuren einer Person, die in einer Dusche zu verschwinden scheint und hinterlässt ein beklemmendes Gefühl. Joanna Crittendon lässt persönliche Erinnerungen in Wachs verschwinden. Ein Spiel mit Zensur und Preisgabe, Konservierung und Zerstörung und ein Sinnbild für die Dynamik menschlicher Erinnerung.

In den beiden hinteren Räumen präsentiert Christiane Wien ihre Arbeit. Die angehende Meisterschülerin von Andreas Oldörp lässt Betonplatten erklingen, indem sie diese durch Vibrationen zum Schwingen bringt. Einmal ist es eine riesige Platte, die an die Wand gelehnt vor sich hin summt. Im kleineren Raum hängen sechs Platten und erzeugen ein industriell anmutendes Brummen. Mit einfachsten Mitteln schafft sie so grandiose Kunst, weil sie dem Rezipienten ein völlig neues Erlebnis mit dem profanen Baumarktmaterial bietet. Von ähnlicher Qualität ist Kathrin Lamberts Installation. Über ein Rohrsystem strömt Luft in fünf unterschiedlich befüllte Flaschen und erzeugt ein singendes Geräusch. Lambert und Wien erhielten dafür zurecht den Förderpreis Dr. Dieter und Ulrike Scheid für Bildende Kunst 2018.

 Eine Arbeit von Fatima Neuscheler, die zum Ausstellungstitel „lizard in my pants“ gut passt.

Eine Arbeit von Fatima Neuscheler, die zum Ausstellungstitel „lizard in my pants“ gut passt.

Foto: HBK Saar

Die Trafostation in Saarbrückens Heinrich-Barth-Straße 17 ist auch an den beiden nächsten Wochenenden samstags und sonntags von 12 bis 18 Uhr geöffnet.

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