Zum Tod von Roger Moore Bond, Unicef und „Ihre Lordschuft“

Crans-Montana · Zum Tod von Roger Moore, der sieben Mal James Bond spielte und seine Karriere nicht ganz so ernst nahm.

 2013 bei einem Interview als Botschafter des Kinderhilfswerks Unicef. Foto: Vennenbernd / dpa

2013 bei einem Interview als Botschafter des Kinderhilfswerks Unicef. Foto: Vennenbernd / dpa

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Was einmal auf seinem Grabstein stehen sollte? Das verkündete er gut gelaunt schon vor vielen Jahren: "Hier ruht Roger Moore. Er war gar nicht mal so gut." Einer dieser typischen Moore-Sätze, die ihm so leicht von den ironisch geschürzten Lippen gingen. Denn Moore war niemand, der sich für ein verkanntes Genie hielt - sondern einfach für einen passablen Schauspieler, der sich glücklich schätzte, mit den James-Bond-Filmen, die er immer ein bisschen absurd fand, viel Geld zu verdienen und die ganze Welt zu sehen. Moore ist gestern in der Schweiz gestorben, nach einer kurzen Krebserkrankung, wie seine Familie mitteilte. Er wurde 89 Jahre alt.

Anders als Kollege und 007-Vorgänger Sean Connery war Moore kein Unbekannter, als er 1972 die Rolle von James Bond übernahm: Da hatte er eine zwar durchwachsene Zeit als Vertragsschauspieler in Hollywood hinter sich, aber auch eine lukrative TV-Karriere: als Krimi-Held Simon Templar in "The Saint" (1962-1969) und natürlich als wunderbar öliger Adelsschnösel Lord Brett Sinclair in der Serie "Die Zwei" (1970/71) mit Tony Curtis. Die erfreute sich ja gerade wegen einer genialen Blödelsynchro ("Sleep well in your Bettgestell", "Hallo, Ihre Lordschuft") etc. in Deutschland eines enormen Erfolgs, war aber auch im Original durchaus witzig, wie Moore selbst noch einmal vor einiger Zeit sagte. Bond machte aus Moore einen internationalen Kino-Star - in einer Zeit, als die Grenze zwischen TV und Film weniger durchlässig war als heute.

Moores Bond-Ära war dabei kein Selbstläufer: Immerhin musste er Sean Connery ersetzen, der für viele ältere 007-Fans der unumstößliche Ur- und Immer-Bond war (und ist); außerdem war dessen letzter Film vor Moore, "Diamantenfieber", auch nicht mehr ganz so erfolgreich wie die Bonds der 60er Jahre. Moore betrat also ein schlingerndes Schiff und brauchte zwei, drei Filme, um in sicheren Gewässern zu landen: In "Leben und sterben lassen" (1973) und dem blassen "Der Mann mit dem goldenen Colt" (1974) spielte er Bond ähnlich hart und zynisch wie Connery zuvor; aber das passte nicht zu Moore, dem Mann der leichten Komödie und der spöttisch erhobenen Augenbraue, der Schusswaffen und Filmschießereien nicht mochte. Erst in "Der Spion, der mich liebte" von 1977 passte alles zusammen: eine herrlich absurde Geschichte, grandiose Dekors, bizarre Einfälle und im Zentrum Moore, der das alles nicht so ernst nahm und so wirkte, als wolle dem Publikum gleich mal zuzwinkern. Für eine ganze Generation von Kinogängern, die Ende der Siebziger halbwüchsig war, ist dieser Film - mit einem tauchenden Lotus Esprit und einem Bösewicht mit Stahlgebiss - mit der beste Bond-Film. Es war auch Moores liebster, der insgesamt sieben drehte: mal der Schwerkraft und der Logik völlig entrückt ("Moonraker", 1979), mal grimmiger und erdverbundener ("In tödlicher Mission", 1980).

Der kurioseste und wohl bedrohlichste Moment in Moores Amtszeit als Bond kam 1983, als ausgerechnet Sean Connery einen Konkurrenz-007 drehte: "Sag niemals nie". Der hatte zwar Connery zu bieten, aber sonst nicht viel, so dass Moores "Octopussy" an den Kinokassen letztlich vorne lag - ein Umstand, auf den kaum jemand gewettet hätte, wohl nicht einmal Moore selbst. 1985 trank er dann seinen letzten 007-Martini und drehte "Im Angesicht des Todes", einen bei allem Bohei (Grace Jones hüpft vom Eiffelturm) merkwürdig melancholischen Bond-Film: Moore war damals 58 (im heutigen Actionkino undenkbar), sichtlich geliftet, wurde allzu oft gedoubelt, der Abschied kam keinen Film zu früh. Das sah auch Moore so - "aber mein Bankberater wird in Tränen ausbrechen".

Seine Filmkarriere nach 007, man kann es nicht anders sagen, war wenig glanzvoll: In Filmen wie "Feuer, Eis und Dynamit" von Ski-As Willy Bogner, der bei einigen Bonds die famosen Jagden im Schnee inszeniert hatte, tauchte Moore als Stargast auf; auch spielte er im karatesken Regiedebüt des belgischen Kampfsportschauspielers Jean-Claude van Damme. Den erwähnte Moore in seinem ersten Memoirenband, wie immer ganz Gentleman, so: "Wenn man über jemanden nichts Gutes sagen kann, dann sollte man schweigen." Das tat er dann auch.

Lieber widmete sich Moore der Arbeit als Unicef-Botschafter, inspiriert von seiner zeitweiligen Nachbarin Audrey Hepburn, und teilte seine Zeit in seinen Häusern in der Schweiz, Frankreich und Monaco auf. England hatte er schon lange verlassen, des Spitzensteuersatzes wegen.

Selbstironisch trat er 1997 im Kinofilm der Spice Girls auf, fast wie ein Bond-Bösewicht, und auch 2002 in der hirnrissigen Klamotte "Boat Trip". Ob er das Geld brauchte? Oder einfach mal wieder vor die Kamera wollte? Wer weiß - aber Moore konnte man auch die Auftritte in üblen Filmen nicht übel nehmen, denn seine Selbstironie war stets entwaffnend. Schon 1981 spielte er in dem Auto-Jux "Auf dem Highway ist die Hölle los" einen Mann namens Seymour Goldfarb Jr. im Bondschen Aston Martin, der unter einer Zwangsstörung leidet: Er hält sich für Roger Moore.

Der Schauspieler, der seinen Beruf nicht allzu ernst nahm, hatte dennoch eine Lieblingsrolle: In dem Thriller "Sprengkommando Atlantik" (1979) spielte er vollbärtig und konstant schlecht gelaunt einen Frauenfeind und Katzenfreund, der sich nur beim Sticken entspannt. Typisch Moore.

Seine drei Kinder (aus der dritten von vier Ehen) schrieben gestern über ihren Vater: "Die Liebe, von der er in seinen letzten Tagen umgeben wurde, war so groß, dass man sie nicht in Worte fassen kann." Ein guter Abschied.

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