Filmklassiker auf DVD/Blu-ray Alle Kumpel werden Brüder

Saarbrücken · Ein Unglück unter Tage befeuert die deutsch-französische Freundschaft. G.W. Pabsts Filmklassiker „Kameradschaft“ lässt sich nun restauriert auf DVD wieder entdecken.

 Durchgraben zur Völkerfreundschaft: „Kameradschaft“.

Durchgraben zur Völkerfreundschaft: „Kameradschaft“.

„Wir halten zusammen! Denn wir gehören zusammen!“ Wer ist gemeint bei dieser flammenden Rede? Franzosen und Deutsche – als hätte es die Frankreichstrategie der Landesregierung schon 1931 gegeben, als dieser Film entstand. „Kameradschaft“ mag betagt sein, seine Botschaft von Völkerfreundschaft aber ist zeitlos optimistisch. Der Tonfilm-Klassiker lässt sich nun restauriert auf DVD und Blu-ray im Heimkino wieder oder neu entdecken. Grundlage des Films von Regisseur Georg Wilhelm Pabst (1885-1967) ist das verheerende Grubenunglück 1906 im französischen Courrières, bei dem über 1000 Bergleute starben; als deutsche Kollegen von der Katastrophe erfuhren, machten sie sich auf nach Frankreich, um ihre Hilfe anzubieten. Pabst transportiert diese Begebenheit an den Beginn der 1930er Jahre, schildert die gegenseitige herzliche Abneigung der Franzosen und Deutschen, bis das Grubenunglück sozusagen beide Völker zusammenführt – nachdem sich die Deutschen langsam zu den Franzosen durchgegraben haben.

Pabst inszeniert das mit fast dokumentarisch wirkenden Bildern, er drehte tatsächlich unter Tage (etwa in Gelsenkirchen). Die Atmosphäre in der Tiefe ist beklemmend, die Botschaft hoffnungsfroh, auch wenn die Sprachbarriere noch nicht überklettert ist: „Was der französische Kamerad gesagt hat“, ruft ein deutscher Bergmann aus, „habe ich nicht verstehen können. Aber was er gemeint hat, haben wir alle verstanden“ – alle Kumpel werden Brüder. Wie diese deutsch-französische Produktion, die nebenbei auch von der Hürde der unterschiedlichen Sprachen erzählt, damals angekommen ist, davon erzählt ein Beiheft von Martin Koerber (Deutsche Kinemathek). Viele Zeitungen lobten Machart und Botschaft; kommunistischen Blättern ging die Kritik am Kapitalismus und an „denen da oben“ nicht weit genug; das NS-Organ „Völkischer Beobachter“ monierte, die „Triebfeder“ dieses Films sei „allein die Propagierung der ‚Solidarität der Völker’, jener verantwortungslose Dreh, der seit 13 Jahren unserem Volke das Rückgrat gebrochen hat“. Zeitlose NS-Unlogik.

Ebenfalls restauriert neu erschienen ist „Westfront 1918“, Pabsts erster Tonfilm, den er vor „Kameradschaft“ drehte; die Filme bieten sich als sinniges Heimkino-Doppel an. „Westfront“ erzählt von vier Infanteristen, die im Krieg den Tod finden – oder wahnsinnig werden und hurraschreiend vor einem Leichenberg salutieren. Pabst geht bei der Darstellung der Kriegsgräuel an die Grenzen des damals Zeigbaren, drastisch bebildert er seine pazifistische Botschaft, die den Nationalsozialisten zuwider lief – als die an die Macht kamen, verboten sie den Film: Der Krieg sei „übertrieben realistisch dargestellt“ (!) und wirke „der Wehrhaftmachung des Volkes entgegen“.

 Warten auf den Tod, in einer Art Mondlandschaft. Eine Szene aus dem Kriegsfilm „Westfront 1918“.

Warten auf den Tod, in einer Art Mondlandschaft. Eine Szene aus dem Kriegsfilm „Westfront 1918“.

Foto: Atlas Film

Beide Filme sind als Blu-ray/DVD-Doppelpack erschienen, jeweils mit einem gelungenen Booklet. Anbieter: Atlas Film.

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