Interview Hunger, Mordlust, Avocados

Saarbrücken · Der Schriftsteller über Luxemburg, Schokolade in Brüssel und seine beliebte Romanfigur Xavier Kieffer.

  Autor Tom Hillenbrand in Luxemburg, das er gerne für Recherchezwecke durchstreift. Denn in seinen Romanen „muss möglichst alles stimmen“.

Autor Tom Hillenbrand in Luxemburg, das er gerne für Recherchezwecke durchstreift. Denn in seinen Romanen „muss möglichst alles stimmen“.

Foto: Dirk Guldner / www.foto-guldner./Dirk Guldner/www.foto-guldner.

Schriftsteller Tom Hillenbrand schreibt Krimis, die in Luxemburg und in der Großregion spielen: „Bittere Schokolade“ heißt der sechste Band um den Luxemburger Koch Xavier Kieffer. In dem Buch versucht er den Mord an einer alten Liebe aufzuklären, die in Afrika ein faires Kakaoprojekt vorangetrieben  und sich damit offenbar Feinde gemacht hat. Hillenbrand stellt „Bittere Schokolade“ bei Lesungen in  vor, auch in Saarbrücken.

Essen und Trinken hält offenbar nicht immer Leib und Seele zusammen. Wie sind Sie auf eine „kulinarische“ Krimi-Reihe gekommen?

HILLENBRAND Zunächst einmal sind Hunger und Mordlust beides nur Triebe, das passt also durchaus zusammen. Und es gibt zudem wenige Branchen, die derart verrottet sind wie die Lebensmittelindustrie. Das ist ein unerschöpflicher Fundus für einen Krimiautor.

Ihr Hobby-Detektiv Xavier Kieffer ist von Selbstoptimierungswahn weit entfernt, hat aber einen Schlag bei den Frauen. Wie viel Ecken und Kanten braucht eine gute Romanfigur?

HILLENBRAND Einige. Manchmal beschweren sich Leser, dass Kieffer zu viel raucht und säuft. Aber erstens sind zu glatte und zu normale Figuren natürlich langweilig. Und zweitens gibt es solche perfekten Instagram-Abziehbilder ohne Laster und Macken in Wahrheit ja auch gar nicht. Mit etwas schrägen Figuren kann man sich einfach besser identifizieren.

Im sechsten Kieffer-Fall „Bittere Schokolade“ geht es um Kakao-Anbau. Es liest sich so, als seien Sie selbst auf Plantagen gewesen. Wie recherchieren Sie?

HILLENBRAND Ich lese im Vorfeld natürlich viel über das jeweilige Lebensmittel – und ich probiere auch viel. Aber das meiste denke ich mir natürlich aus. Ich hatte ursprünglich einen Recherchetrip in den Kongo geplant. Aber dann las ich etwas von einer dort gerade grassierenden Ebola-Epidemie. Dann lieber Schokolade in Brüssel.

Inspirieren Sie die Skandale in der Lebensmittelbranche zu Ihren Fällen? Können die Leser vielleicht irgendwann mit einem Krimi über Avocado-Anbau rechnen?

HILLENBRAND Die Skandale der Branche würden auf jeden Fall für ein Dutzend weiterer Bücher reichen. Ich stoße dabei immer wieder auf Geschichten, von denen ich noch nie gehört habe, obwohl ich da ja inzwischen ziemlich tief drin bin. Avocado ist natürlich der typische Fall: Die war kein Problem, bis plötzlich eine Milliarde Menschen jede Woche drei davon essen wollten.

Wie entstehen die exakten Beschreibungen von Kieffers Routen in Luxemburg, seinen Trips nach Paris, Brüssel und Trier?

HILLENBRAND Das laufe und fahre ich tatsächlich alles ab und mache Fotos mit der Spiegelreflex. Denn gerade die Leser in der Großregion kennen diese Ecken natürlich wie ihre Westentasche, deshalb muss dort möglichst alles stimmen.

Sie sind ein fleißiger Autor. Außer „Bittere Schokolade“ haben Sie in diesem Jahr bereits den Thriller „Hologrammatica“ veröffentlicht. Davor den umfangreichen historischen Roman „Der Kaffeedieb“. Woran arbeiten Sie gerade?

HILLENBRAND Derzeit schreibe ich einen weiteren SF-Thriller. Außerdem produziere ich zurzeit die erste Staffel meines neuen Podcasts „Die Backlist“, in dem ich alte Bücher vorstelle, die es sich zu lesen lohnen würde.

Sie gehen regelmäßig mit „Xavier Kieffer“ auf Lesereise. Was möchte das Publikum gerne von Ihnen wissen?

HILLENBRAND Eine der häufigsten Fragen ist, wann Kieffer endlich seine langjährige Freundin Valerie Gabin ehelichen wird. Aber ich weiß das auch nicht. Dass es dieses ungleiche Paar so lange miteinander ausgehalten hat, ist eh schon ein Wunder. Bei den beiden halte ich alles für möglich.

Tom Hillenbrand: Bittere Schokolade. Kiepenheuer & Witsch, 472 S., 11 Euro.
Lesungen: Samstag, 18 Uhr, im Forum des Trierischen Volksfreunds (Hanns-Martin-Schleyer-Straße 8, Trier), am 29. Januar im Cercle Cité in Luxemburg, am 30. Januar, in Kooperation mit Bock & Seip, in der Stadtbibliothek in Saarbrücken. www.bock-seip.de

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