Interview mit Karl Jenkins Der Brexit ist „eine desaströse Entscheidung“

LONDON · Der walisische Komponist über sein populärstes Werk „Mass for Peace“, sein Verhältnis zur Religion und über den Brexit.

Für Werbemusiken wie „Adiemus“ und den Soundtrack zum Film „River Queen“ wurde Karl Jenkins mehrfach ausgezeichnet. Mit der Friedensmesse „The Armed Man“ schuf der Waliser einen festen Bestandteil im weltweiten Chor-Repertoire. Das Werk enthält Teile der lateinischen Messe, Stücke aus fernöstlichen Religionen bis hin zum islamischen Glaubensbekenntnis. Am 17. Februar wird der Komponist, der 2014 von der Queen geadelt wurde, 75 Jahre alt.

Sir Karl, Sie gehen anlässlich Ihres 75. Geburtstag mit Ihrer „Mass for Peace“ auf Tournee. Was bedeutet Ihnen dieses Werk heute, 20 Jahre, nachdem Sie es komponiert haben?

JENKINS Sehr viel, da die Zeit bewiesen hat, wie langlebig und einprägsam das Werk ist – mit über 2500 Aufführungen und 15 Jahren in den britischen Klassik-Charts. Mit seiner Botschaft von der Sinnlosigkeit des Krieges hat es außerdem eine tiefe emotionale Verbindung zu Menschen auf der ganzen Welt geknüpft.

Welches Verhältnis haben Sie zur Religion?

JENKINS Ich wurde als protestantischer Christ mit einer wortwörtlichen Sicht der Bibel erzogen. Ich halte zwar am Glauben fest, finde es aber zunehmend schwieriger, diesen mit der Wissenschaft in Einklang zu bringen.

Sie sind erfolgreich in sehr unterschiedlichen musikalischen Genres und Stilen – von Werbung bis Kirchenmusik. Welche Musikrichtung ist Ihnen am wichtigsten?

JENKINS Die verschiedenen Stile spiegeln unterschiedliche Phasen in meinem Leben wider. Ich habe eine klassische Musikausbildung, war aber während meiner Karriere ein musikalischer Wanderer. Ich bewegte mich durch verschiedene Genres, arbeitete aber nie gleichzeitig in unterschiedlichen Bereichen. Es war eine Reise, bis ich herausgefunden habe, was ich am meisten liebe und am besten kann.

Welche Botschaft soll von Ihrer Musik ausgehen?

JENKINS Es gibt keine Botschaft an sich, außer dem Wunsch, über meine Musik mit Menschen zu kommunizieren. Wenn ein Werk auf einem Text oder einem bestimmten Stoff basiert, ist dies natürlich die jeweilige Botschaft.

Ihr 75. Geburtstag liegt einige Wochen vor dem – erwarteten – Brexit. Wie sehen Sie als walisischer Komponist und als weltweit tätiger Künstler dem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union entgegen?

JENKINS Ich halte es für eine desaströse Entscheidung, die auf eine Katastrophe zusteuert. Die Menschen wurden zum Zeitpunkt des Referendums in die Irre geführt. Sie hätten das alles nicht glauben sollen.

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