Kunstprojekt zum Bergbau-Ende Geschichten von unter Tage gesucht

Saarbrücken · Martin Steinert startet „Kumpel“-Projekt an der Saar und im Ruhrpott  zum Bergbau-Ende.

 Martin Steinert mit einem seiner Körbe für das Kumpel-Projekt.

Martin Steinert mit einem seiner Körbe für das Kumpel-Projekt.

Foto: Esther Brenner

Mit seinen überdimensionalen Holzlatten-Skulpturen hat sich der Saarbrücker Künstler Martin Steinert mittlerweile auch überregional einen Namen gemacht. Sein 2014 in einer Kirche im österreichischen Feldkirch begonnenes Projekt „Wooden Cloud“ hat er bis heute nicht nur in der Saarbrücker Johanneskirche, sondern auch in St. Petersburg und Berlin verwirklicht. Ab Anfang März wird eine „wooden cloud“ – eine Wolke aus Holz mit Wünschen und Gedanken von Menschen vor Ort – auch in Paris vor dem Heinrich Heine-Haus in der Cité Universitaire entstehen.

Ganz neu ist Steinerts großangelegtes Projekt mit dem Titel „Kumpel“, das gleichzeitig auf stillgelegten Zechen im Ruhrpott und im Saarland entstehen soll. Im Sommer (ab 15. Juni) will der Künstler im Wassergarten der ehemaligen Grube in Landsweiler-Reden und auf einer Zeche in Essen (Zeche Zollverein oder Zeche Zollern) jeweils 200 aus Holzlatten zusammengezimmerte Körbe installieren. Die Idee: Die Holz-Körbe sollen an die Kleiderkörbe in den Waschkauen erinnern und statt mit Kleidern mit Geschichten aus dem Leben der Bergleute in den Regionen befüllt werden. „Die Waschkauen waren der intimste Ort des Bergbbaualltags. Dort traf man sich täglich, wusch sich, zog sich um und tauschte sich aus“, sagt Martin Steinert. Insofern seien sie die Schnittstelle zwischen Arbeit und gesellschaftlichem Leben gewesen.

So wie die Kumpel ihre persönlichen Sachen in den Körben verstauten und an Seilen oder Ketten an die Decke zogen, so sollen seine individuell zusammengebauten Holzkörbe mit Geschichten und Erfahrungen befüllt und dann als Kunstwerk installiert werden. Vor kurzem hat Steinert in seinem Atelier im Saarbrücker KuBa-Kulturbahnhof damit begonnen, die Körbe herzustellen.

Steinerts Kunstprojekte haben immer mit Kommunikation zu tun. Sie entstehen im Austausch mit Menschen. Und so sucht Steinert Zeitzeugen, die Geschichten über den Bergbau aus ihrer Familie erzählen können. „Mein Großvater war Bergmann im Saarland. Ich selbst kenne spannende, tragische und amüsante Erzählungen von unter Tage aus erster Hand“, erzählt Steinert. Er will nun aus dem reichen Anekdotenschatz der vielen Familien in den Bergbauregionen schöpfen und die Erlebnisse dokumentieren. Menschen sind eingeladen, ihm persönlich oder schriftlich vom Bergbaualltag zu erzählen.

Die RAG Stiftung fördert dieses Erinnerungsprojekt mit 125 000 Euro. Es steht auf drei Säulen: der eigentlichen, temporären Holz-Installation an den beiden symbolträchtigen Orten des verschwindenden Bergbaus. Zweitens einem Buch, in dem die persönlichen Geschichten gesammelt und mit Fotografien von André Mailänder dokumentiert werden. Und drittens einem Kunstfilm, den die Französin Mathilde Nodenot drehen wird. Sie werde die Gespräche mit den Zeitzeugen filmen. Schon beim „wooden cloud“-Projekt habe sich dieses Konzept bewährt.

Wer Martin Steinert seine „Bergbau-Geschichte“ erzählen möchte, kann unter geschichten@kumpel-projekt.de Kontakt aufnehmen.

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