ARD, ZDF und Co. räumen alles ab

Die Jury spricht von „vorbildlichem Qualitätsfernsehen“ und vergibt beim Grimme-Preis 2015 alle zwölf Auszeichnungen an die Öffentlich-Rechtlichen. Die privaten TV-Sender müssen in die Röhre schauen.

 Die ARD-Produktion „Bornholmer Straße" um einen Grenzer (Charly Hübner), der in den Tagen um den Mauerfall alles verliert, erhält eine der zwölf Auszeichnungen des Grimme-Preises. Foto: MDR

Die ARD-Produktion „Bornholmer Straße" um einen Grenzer (Charly Hübner), der in den Tagen um den Mauerfall alles verliert, erhält eine der zwölf Auszeichnungen des Grimme-Preises. Foto: MDR

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Essen. Die deutschen Privatsender gehen beim Grimme-Preis 2015 vollständig leer aus. ARD , ZDF und Co räumten alle zwölf Auszeichnungen für "vorbildliches Qualitätsfernsehen" ab. Lediglich der private britische Kanal Channel 4 kam in einer Co-Produktion mit dem ZDF und Arte in "Die Kinder von Aleppo" mit zum Zuge.

Durchsetzen konnten sich unter 65 Nominierten auch die ARD-Filme "Bornholmer Straße", "Der Fall Bruckner" und "Altersglühen - Speed Dating für Senioren" mit Senta Berger . Der "Tatort" ist auch wieder dabei - mit der Folge "Im Schmerz geboren" mit Ulrich Tukur .

Von den Sendungen und Akteuren des Privatfernsehens waren nur wenige nominiert gewesen, darunter Vox mit "Sing meinen Song" und Stefan Raab wegen seines Intros zum "Bundesvision Song Contest" (ProSieben ). 2014 war die Show "Circus Halli Galli" des Senders prämiert worden. Angesichts einer Fülle guter Filme mussten auch Blockbuster wie der öffentlich-rechtlichen Sender auf eine Trophäe verzichten. Die Nachkriegs-Familiensaga "Tannbach" ging ebenso leer aus wie der Politthriller "Die Spiegel-Affäre". Das Grenzöffnungsstück "Bornholmer Straße" hatte dagegen einen Vorteil. Es passte 25 Jahre nach dem Mauerfall genau ins Programm. Die Nöte der DDR-Grenzer nach dem legendärem Satz von dem Politbüro-Mitglied Günter Schabowski vom 9. November 1989: "Privatreisen nach dem Ausland können ab sofort ohne Vorliegen von Voraussetzungen beantragt werden" sind fast zur Komödie geraten. Die Grenzer (Hauptrolle: Charly Hübner) erhielten keine weiteren Befehle und standen ratlos dem Ausreiseansturm gegenüber.

"Dieses Fernsehjahr war in ganz besonderer Weise vielfältig und zeigt erfreuliche Ansätze zu programmlichen Innovationen", sagte Grimme-Direktorin Frauke Gerlach. Künftig will sie mehr Schwerpunkte in der Unterhaltung setzen. Dazu zählt der Preis für "Mr. Dicks - Das erste wirklich subjektive Gesellschaftsmagazin" (EinsFestival/WDR). Radiomann Jochen Rausch von WDR 1Live habe in Zusammenarbeit mit WDR-Fernsehmachern ein junges, schräges Format entwickelt, das "alle 30 Sekunden überrascht", so die Jury. Frontmann ist die Puppe "Mr. Dicks". Die vier Macher werden im Gefolge gleich mitausgezeichnet.

Die hohen Ehren in der Informationskategorie teilen sich vor allem ARD , ZDF und Arte. In "Camp 14" schafft es Filmemacher Marc Wiese, Opfer und Täter in einem nordkoreanischen Konzentrationslager vor die Kamera zu bekommen. Die Schilderungen eines entkommenen Häftlings über seine jahrelangen Qualen sind erschütternd. Auch ein Aufseher kommt zu Wort und gibt offen Vergewaltigungen an weiblichen Häftlingen zu. Wurden die Opfer schwanger, mussten sie unter einem Vorwand sterben.

Überwiegend Auslandsthemen haben es zu Grimme-Ehren geschafft. Mit "Nach Wriezen " machte aber auch ein aktuelles deutsches Geschehen das Rennen. Daniel Abma hat drei jugendliche Straftäter aus dem Gefängnis Wriezen in Brandenburg nach der Entlassung drei Jahre begleitet. Russland-Korrespondentin Ina Ruck vom WDR und Nahost-Korrespondent Dietmar Ossenberg vom ZDF bekommen als Sonderpreis die "Besondere Ehrung" des Deutschen Volkshochschulverbandes.

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