Klassische Musik in der Congresshalle Charismatischer Geiger zu Gast bei Radio Philharmonie

Saarbrücken · Mindestens heikel, vermutlich sogar etwas plakativ sei es, dem Konzertsolisten gewisse Persönlichkeitsmerkmale einer literarisch-historischen Figur zu attribuieren. Man zögert, tut es hiermit dennoch: Die letzten Takte der „Egmont-Ouvertüre“ von Ludwig van Beethoven, diese drei aufstampfenden F-Dur-Akkorde, wirken noch nach, da betritt ein Geiger die Bühne, dessen Ausstrahlung der imaginären jenes flämischen Grafen nahekommt, welcher in Goethes Trauerspiel den Sieg einer freiheitsliebenden geistigen Haltung über den eigenen Tod erstreitet: Vadim Repin.

Der in Nowosibirsk geborene Geiger nahm sich am Freitag bei Soirée der Deutschen Radio Philhamonie in der Saarbrücker Congresshalle Prokofjews zweitem Violinkonzert in unwiderstehlicher Manier an. er betörte mit Strahlkraft und hintergründiger Tonzeichnung. Hier den Stil der „Neuen Einfachheit“ zu treffen, dieses sperrige Aufeinandertreffen von spröder Reduktion und affektiver Volkslyrik, verlangt nach einem diszipliniert komprimierten Orchesterapparat, was die Deutsche Radio Philharmonie trefflich verwirklichte, wobei vor allem im „Allegro moderato“ die tiefen Holzbläser sich zuweilen besser mischten als die hohen.

Die Zugabe Repins offenbarte sich als altbekannte neapolitanische Weise, einst von Paganini unter dem Titel „Der Karneval von Venedig“ mit halsbrecherischen Variationen versehen, allerdings auch als Loblied auf den „Hut mit drei Ecken“ beansprucht. Chefdirigent Pietari Inkinen bekräftigte mit Brahms „Sinfonie Nr. 4“ den Positiveffekt seiner feinsinnigen Leitung auf das Geschehen im unsichtbaren Raum zwischen den Registern, mit der Dichte musikalischer Ungezwungenheit kam etwa die Passacaglia zur Geltung. Die vierte Südkorea-Tournee der Radio Philharmonie kann kommen!

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