Knallharte Opposition

Die Linke ist den anderen Parteien weit voraus. Während man sich dort noch personell und programmatisch für die Bundestagswahl sortiert, hat die stärkste Oppositionskraft im Parlament beides schon im Schaufenster: Bereits vor einigen Wochen wurden Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch offiziell zu Spitzenkandidaten ausgerufen. Und seit dem Wochenende sind auch die Botschaften klar, mit der sie um Wähler werben sollen.

Kampf den Reichen, Solidarität mit den Armen, für einen "grundlegenden Politikwechsel" - das alles klingt ziemlich vertraut. Die Linke hat damit noch jeden Wahlkampf bestritten, weshalb sich die Frage stellt, warum die Melodie ausgerechnet diesmal zünden sollte. Rot-Rot-Grün wird so nicht unbedingt wahrscheinlicher. Die politischen Fleißkärtchen können jedenfalls nicht verdecken, dass die Linke einen schlechten Start ins Wahljahr erwischt hat. Zwar ist die Partei mittlerweile an drei Landesregierungen beteiligt. Doch in Berlin steckt das Bündnis mit SPD und Grünen schon in der Krise, nachdem es gerade erst geschmiedet wurde. Wegen falscher Angaben zu seiner früheren Stasi-Tätigkeit wird ein Staatssekretär der Linken seinen Posten räumen müssen.

Doch selbst wenn die Erinnerung an das Berliner Desaster in den kommenden Wahlkampf-Monaten verblasst, bleibt ein anderes Problem, das bis zum Wahltag Bestand hat: der Umgang mit der AfD. Deren Wähler würde fast die komplette linke Führung am liebsten rechts liegen lassen - doch Wagenknecht spielt gezielt auf der populistischen Klaviatur, um sie für die Linke zu gewinnen. Das kann auf Dauer nicht gutgehen. Ohnehin mutet es ziemlich abenteuerlich an, dass ausgerechnet ein AfD-Sympathisant sein Herz für die Linke entdecken sollte. Denn die propagiert bei seinem Aufreger-Thema Nummer eins, der Flüchtlingspolitik, doch weiter unbekümmert "offene Grenzen für alle".

Ähnlich problematisch bleibt übrigens, ob es im Land überhaupt so viele Superreiche gibt, um all die sozialen Wohltaten zu finanzieren, mit denen die Linke in ihrem Wahlprogramm lockt. Zumal darin gleichzeitig gefordert wird, die Jahresgehälter auf maximal 500 000 Euro zu deckeln. Man fühlt sich an den kuriosen Wahlkampf von 2009 erinnert: Damals brachte es die Linke fertig, neben der Losung "Reichtum für alle" gleich noch den Slogan "Reichtum besteuern" zu plakatieren.

Ihre Partei werde weder einen reinen Oppositionswahlkampf machen noch einen reinen Regierungswahlkampf, versicherte Linken-Chefin Katja Kipping am Wochenende bei der Vorstellung des Wahlprogramms. Davon stimmt nur die Hälfte. So sehr die Linke in den Ländern schon geschmeidig genug zum Regieren ist, so knallhart setzt sie im Bund weiter auf Opposition.

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