Klug zeigen, was man hat

Berlin · Mit 60 000 Werken zählt die Kunstsammlung der Deutschen Bank zu den größten Unternehmensbeständen weltweit. Die Schau „The circle walked casually“ in der Deutsche Bank Kunsthalle ist das Debüt eines neuen Ausstellungskonzepts.

 Ein Blick in die schwerelos arrangierte Sammlung. Foto: Mathias Schormann / Deutsche Bank KunstHalle

Ein Blick in die schwerelos arrangierte Sammlung. Foto: Mathias Schormann / Deutsche Bank KunstHalle

Foto: Mathias Schormann / Deutsche Bank KunstHalle
 Gerhard Richters Gemälde „Kopf, 14.2.84“. Foto: Richter

Gerhard Richters Gemälde „Kopf, 14.2.84“. Foto: Richter

Foto: Richter

Mit Unternehmenssammlungen ist das so eine Sache. Entweder führen sie ein verborgenes Dasein hinter den verschlossenen Türen eines Großkonzerns, oder aber sie werden landauf, landab herumgereicht und erfüllen im schlimmsten Falle den Zweck eines reinen Marketing-Instruments. Bei der Deutschen Bank hat man sich offenbar für einen anderen Weg entschieden. Nachdem die 15 Jahre lang bestehende Kooperation mit der New Yorker Guggenheim Stiftung 2012 von den Amerikanern aufgekündigt worden war, firmiert das Deutsche Guggenheim Museum in Berlin Mitte seit April 2013 als Deutsche Bank Kunsthalle. In Zukunft sollen hier neben Wechselausstellungen immer wieder auch Werke aus dem eigenen Bestand gezeigt werden, der mit 60 000 Positionen weltweit zu den größten Unternehmenssammlungen. Internationale Kuratoren sollen nun von Zeit zu Zeit einen Blick auf die Bestände werfen und diese in einer subjektiven Auswahl in den Berliner Räumen präsentieren. Den Anfang macht "The circle walked casually": eine Ausstellung mit rund 130 Zeichnungen aus der Zeit von 1903 bis heute. Kuratiert hat sie Victoria Noorthoorn, Direktorin des Museums für Moderne Kunst in Buenos Aires.

Beim Betreten der Schau wird man sich verwundert die Augen reiben: Kein einziges Exponat hängt an der Wand. Stattdessen mäandern die Bilder, von Nylonschnüren herabhängend, entlang einer mehrfach gekurvten Linie frei durch den strahlend weißen Raum. Gemeinsam mit der brasilianischen Bühnenbildnerin Daniela Thomas setzt Noorthoorn der ansonsten strengen Geometrie des klassischen weißen Ausstellungskubus eine fließende Ausstellungsarchitektur entgegen - auch eine Befreiung von kunsthistorischem Schubladendenken. So kommt es, dass auch der Betrachter sich von dem assoziativen Gefüge mitreißen lässt, von Zeichnung zu Zeichnung geht und entdeckt, wie einzelne Elemente wieder aufgenommen werden, sich verwandeln oder in etwas ganz anderem aufgehen.

Es beginnt mit den Menschendarstellungen von Käthe Kollwitz und Lucian Freud, alsbald geht es weiter mit schwungvoll expressionistischen Dorfansichten von Kurt Schwitters, apokalyptischen Szenen bei Otto Dix oder Raymond Pettibon über scherenschnitthafte Südstaatenszenen aus der Zeit der Sklaverei bei der farbigen US-Künstlerin Kara Walker bis hin zu grandios vereinfachten, roten Händen von Louise Bourgeois auf Notenpapier. Über Konzeptkunst und Minimal Art wendet sich die Schau wieder sinnlich-expressiveren Farbexperimenten etwa bei Katharina Grosse zu, um am Ende die prozesshaften Arbeiten Eva Hesses mit denen der New Yorkerin Linda Matalon und der Argentinierin Marina de Caro zu konfrontieren. Noorthoorns klug zusammengestellte Schau ist nicht zuletzt ein Plädoyer für das im malereiverliebten Ausstellungsbetrieb unterschätzte Medium der Zeichnung.

Bis 2. März. Deutsche Bank Kunsthalle, Berlin.

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