Keine gute Stube

Dillingen · Sechs Künstler setzen sich in der jüngsten Ausstellung des Kunstvereins Dillingen mit Architektur und der Idee des Wohnens auseinander. Zu sehen sind düstere, verlassene Orte, Abstraktionen, Schemenhaftes – eine interessante Sammlung.

 Sador Weinscluckers Gemälde „Oberschöneweide II“ aus dem Jahr 2013. Fotos: Kunstverein

Sador Weinscluckers Gemälde „Oberschöneweide II“ aus dem Jahr 2013. Fotos: Kunstverein

 Ulrik Møllers Gemälde „Hassing“ aus dem Jahr 2004.

Ulrik Møllers Gemälde „Hassing“ aus dem Jahr 2004.

Es ist ein provokanter Ausstellungstitel. "Schöner Wohnen" klingt nach Wohnungsdekoration, und kein Künstler möchte seine Werke als bloße Dekorationsobjekte missbraucht wissen. Der zweite Teil des Ausstellungstitels, "Architektur in der Kunst", wird dann deutlicher: Die Ausstellung im Alten Schloss in Dillingen zeigt 26 Werke von sechs Künstlern, die sich höchst unterschiedlich mit Architektur befassen. Dabei wird die Architektur zur Projektionsfläche des Künstlers, Innen und Außen verschwimmen.

Im ersten Raum präsentiert der Kunstverein drei sehr unterschiedliche Stile: Sador Weinsclucker malt verlassene Orte - Fabrikgebäude, Lagerräume und urbane Plätze. Nur wenig Licht fällt auf die bedrückenden Szenerien und erhellt Spuren menschlicher Existenz. Schwarz und Brauntöne lassen eine düstere Atmosphäre entstehen und erinnern an Rembrandt. Gegenüber hängen die Arbeiten Martin Borowskis, der in kalten Farbtönen Details von Fahrstühlen gemalt hat, diese durch die extreme Nähe aber aus ihrem funktionalen Zusammenhang gelöst und in abstrakte Linien- und Flächenkompositionen überführt hat. Anders als Weinsclucker, dessen Bilder tief emotional sind, fokussiert Borowski den Blick auf die nackte Architektur und will so den Betrachter zum Sehen, Erkennen und Deuten herausfordern.

Während Borowski und Weinsclucker real Existierendes malerisch verdichten, konstruiert der in Berlin lebende Schweizer Thomas Huber futuristische Räume. Mal ist es eine linear-geometrische Abstraktion, deren Bildraum erst im Auge des Betrachters entsteht, dann stapelt er in kalten Grautönen Kisten in einer beliebigen Stadtlandschaft und spielt mit dem Auge des Betrachters, indem er schriftliche Botschaften im Bild versteckt.

Im zweiten Raum lässt Yury Kharchenkos abstrakte Serie "House of Spirits" architektonische Elemente nur ahnen, die Bilder sind auf den ersten Blick Zufallsprodukte aus verlaufener Farbe. Dann lassen sich Strukturen erkennen, und aus dem Farbdunst schälen sich Formen und vage Räume in einem an ein Haus erinnerndes Gehäuse. Gegenüber hängen die aufregend schönen Papierarbeiten der Saarländerin Mane Hellenthal. Den Hintergrund bildet stets eine surreale Landschaft aus Farbverläufen und -flecken, in deren menschenleerem Dickicht ein moderner Bau thront. Durch diese Entrückung wird die Architektur neu wahrnehmbar.

Im letzten Raum zeigt der Kunstverein Gemälde von Ulrik Møller, dessen Werke unscharf sind und so im Ungefähren bleiben. Mal ist es der Kühlturm eines Kraftwerks, der bedrohlich zu rauchen scheint, dann eine leere Dorfstraße oder eine Landschaft mit Ort. Als Betrachter weiß man nie genau, was da passiert und wittert Unheil. Sichtbare Realität und Fantasie des Betrachters verschmelzen. Ob man damit schöner wohnt, sei dahingestellt. Aber großartige Kunst ist das, was die Künstler präsentieren, auf jeden Fall.

Bis 13. Juli. Donnerstag bis Sonntag, 14 bis 17 Uhr. Info: www.kunstverein-dillingen.de

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