Kehrtwende beim Kehren

Saarbrücken. Das Schornsteinfegerhandwerk steckt in einem Umbruch, und das hat vielerlei Folgen für die Verbraucher. Die entscheidende Wende markiert der 1. Januar 2013. Dann wird das traditionelle staatliche System von Kehrbezirken, das sogenannte Kehrmonopol, nahezu aufgehoben, und ein freier Wettbewerb tritt an dessen Stelle. Doch bereits in diesem Jahr hat sich einiges geändert

Saarbrücken. Das Schornsteinfegerhandwerk steckt in einem Umbruch, und das hat vielerlei Folgen für die Verbraucher. Die entscheidende Wende markiert der 1. Januar 2013. Dann wird das traditionelle staatliche System von Kehrbezirken, das sogenannte Kehrmonopol, nahezu aufgehoben, und ein freier Wettbewerb tritt an dessen Stelle.Doch bereits in diesem Jahr hat sich einiges geändert. Seit Januar ist eine neue, jetzt bundesweit einheitliche Kehr- und Gebührenordnung in Kraft, und seit März gelten die Umweltvorschriften einer überarbeiteten Bundesimmissionsschutz-Verordnung. Die Schornsteinfeger erledigen nun in der Regel im Unterschied zu früher die Kehrung der Kamine und das Messen der Abgaswerte in einem Arbeitsgang, wie das saarländische Umweltministerium erläutert. Und bei Öl- und Gasheizungen sind Abgasmessungen nur noch im Abstand von zwei oder drei Jahren vorgeschrieben. All dies führe dazu, dass die meisten Hausbesitzer - bezogen auf mehrere Jahre - niedrigere Gebühren zahlen müssen.

Anders sieht es jedoch für all diejenigen aus, die mit Holz oder Kohle heizen. Der Grund: Eine Studie zum Arbeitsaufwand beim Kehren führte laut Ministerium zu dem Ergebnis, dass bislang viel zu wenig Zeit für die Reinigung bestimmter Abgasrohre eingeplant war und damit die Leistung zu gering vergütet wurde. Daher koste heute neun oder zehn Euro, was zuvor mit einem oder zwei Euro zu Buche geschlagen sei.

Einen Trost haben die Betroffenen: Jörg Luxenburger, Referatsleiter im Ministerium, geht davon aus, dass der Bund die Gebühren vor Ende 2012 nicht mehr anhebt. Denn danach ist die Preisbildung dem freien Markt überlassen, abgesehen von den Tätigkeiten, die auch künftig als hoheitliche Aufgabe gewertet werden: wie zum Beispiel die Abnahme von neu gebauten Heizungsanlagen oder die Feuerstättenschau, also die regelmäßige Begutachtung von Heizung und Schornstein.

Wie viel das Kehren und Messen vom Jahr 2013 an kosten wird, ist kaum abzuschätzen. Während die einen wegen des Konkurrenzkampfs um die Kunden mit sinkenden Preisen rechnen, erwarten andere steigende Tarife aufgrund höherer Kosten - zum Beispiel für die Anfahrt zum Kunden, weil die Schornsteinfeger sich nicht mehr von Haus zu Haus vorarbeiten können.

Wie auch immer sich die Preise entwickeln, die Hausbesitzer haben künftig mehr Verantwortung. Sie müssen eigens einen Schornsteinfeger beauftragen, er kommt nicht mehr automatisch. Die Kunden haben dabei die freie Wahl, was bislang nicht möglich war. Sie werden aber weiterhin auch mit einem von Amts wegen bestellten Schornsteinfeger, der dann Bezirksbevollmächtigter heißt, zu tun haben. Er hat einige Kontrollfunktionen, die der Gesetzgeber um der Brandsicherheit willen vorgegeben hat. Eine wichtige Aufgabe ist die Ausstellung des Feuerstättenbescheids: Darin ist festgelegt, in welchen Zeitabständen die Kehr- und Mess-Arbeiten zu erledigen sind. Darüber hinaus wird der Bevollmächtigte zwei Mal im Laufe von sieben Jahren in jedes Haus kommen, um Schornstein und Heizung zu begutachten.

Hintergrund

Die Umwälzung im Schornsteinfeger-Handwerk ist von außen erzwungen worden. Die EU-Kommission hatte bemängelt, dass das Kehrmonopol Ausländern den Marktzugang versperrt. Brüssel leitete ein Verfahren gegen Deutschland ein. Das Reformgesetz trat Ende 2008 in Kraft, es lässt der Zunft aber weitgehend bis Ende 2012 Zeit, sich auf den freien Markt einzustellen. Die Tradition, wonach ein Schornsteinfegermeister einen Bezirk zugeteilt bekam, den er bis zur Rente betreuen durfte, ist dann Vergangenheit.Die Schornsteinfeger-Gebühren führen nach altem Recht zu einem Einkommen, das sich an der höchsten Stufe im mittleren Dienst der Beamten (A9) orientiert. Von 2013 an fallen diese Sicherheiten weg. Es wird zwar noch Bezirksschornsteinfeger, die dann Bezirksbevollmächtigte heißen, geben. Sie betreuen ihre Kehrbezirke zeitlich befristet und haben nur noch einige Kontrollaufgaben. Das Einkommen, das damit zu erzielen ist, reicht laut Saar-Umweltministerium nicht für den Lebensunterhalt. Als Ausgleich für die aufgehobenen Sicherheiten erlaubt der Gesetzgeber den Schornsteinfegern, auch andere Dienstleistungen anzubieten. Möglicherweise wachse die Zunft auf Dauer mit dem Heizungsbauer-Handwerk zusammen, heißt es im Ministerium. "Zwei Schornsteinfeger haben kürzlich eine Zusatzprüfung zum Heizungsbauer abgelegt." mzt

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